Eine einfache Fußball-Faustregel soll die Gladbacher gegen den HSV zum Erfolg führen, sagt der eine. Es gibt mindestens zwei gewichtige Gründe plus ein Ass im Ärmel, die dagegen sprechen, meint der andere.
Die Leistungsträger Dominguez, Jantschke, Herrmann und Hahn sind alle nicht an Bord, wenn es am Sonntag um 15.30 Uhr im Volkspark zur Sache geht: Alles egal. Egal auch, wer nach dem furiosen 5:1 gegen Werder Bremen nur an ein Strohfeuer glaubt. Schubert und die Fohlen sind zurück. Da kommt der zuletzt wieder angezählte HSV (drei Niederlagen, ein Unentschieden) gerade richtig.
Josip Drmic trifft dabei erstmals im Trikot der Hanseaten auf seine Ex-Kollegen. Geschenkt. Die neue Sturmhoffnung beim HSV traf zuletzt am 28. November beim 3:3 gegen Hoffenheim – am selben Tag, als der Hamburger SV zuletzt siegen konnte. Zur Erinnerung: Es war ein 3:1 gegen Bremen. Der Leihspieler traf in seinen 13 Spielen für die Fohlen nur dieses einzige Mal.
Dass Granit Xhaka nach seiner Kartensperre voraussichtlich ins defensive Mittelfeld zurückkehrt, dürfte Bruno Labbadia angesichts der ohnehin schwachen Offensive Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Ob Leihspieler und Gladbach-Spion Drmic daran etwas ändern wird, darf bezweifelt werden.
Die 0:3-Niederlage vor eigener Kulisse aus der Hinrunde ist Geschichte, am Sonntag wird eine neue geschrieben. Daran beteiligt sein werden auch ein starker Yann Sommer, die Spielmacher Lars Stindl, der bereits sechs Treffer auf seinem Konto verbuchen kann, und Mahmoud Dahoud sowie Stürmer Raffael. Der ist derzeit in bestechender Form und erzielte schon acht Saisontore. Jeder in der Mannschaft ist für einen Treffer gut. 40 Gladbacher Saisontreffer sprechen für sich. Nur Bayern (50) und Dortmund (52) trafen bislang häufiger. Und der HSV? Der traf lediglich 22 Mal. Abstiegsreif.
Spannend könnte es dennoch werden. Denn die Truppe von André Schubert hat gleichzeitig, zusammen mit Hannover 96, die meisten Gegentore verbuchen müssen (35). Für Sonntag lässt sich dennoch eine einfache Fußballregel anwenden: „Einfach vorne eine Bude mehr schießen, als man hinten reinbekommt.“ So gibt es kaum Zweifel daran, dass der HSV erneut Federn lassen muss und weiter gen Keller purzelt.
Was da auf den HSV zukommt, gibt es hier noch einmal zum Genießen:
Warum der HSV gewinnt
Der HSV gewinnt. „Ja sicherlich“, höhnen jetzt die Gespötter, „nach Sonntag spielt ihr wieder gegen den Abstieg.“
Die Rückrunden-Bilanz gibt ihnen Recht: Ein Unentschieden, zwei Niederlagen, Tabellenplatz 13. Der Absturz ist zum Greifen nahe. Doch das ist die Chance. Tatsächlich sprechen mindestens zwei ganz gewichtige Gründe für einen Sieg gegen die Gladbacher. Der 3:0-Erfolg aus dem Hinspiel ist da sogar nur eine Randnotiz. Denn es sind Spiele, nach denen es nur nach unten gehen kann, in denen der HSV urplötzlich auftrumpft. Und dieses Mal hat Coach Bruno Labbadia sogar noch ein Ass im Ärmel.
Fangen wir an. Grund 1: Die Moral. Anders als in den vergangenen beiden Spielzeiten kämpft die Mannschaft. Und das von Spielbeginn an. Vorbei ist's mit dem Umhergeeiere, drögen Dilettantismus und stümperhaften Stelzenfußball. Der Dino sabbert, weil er die Zähne fletscht. Man ist bereit nicht nur den eigenen Kameraden, sondern vor allem den Gegner, aus dem Weg zu hauen. 42 Karten gab es schon, nur fünf Teams haben mehr kassiert. Die sanftmütigen Gladbacher (31) gehören nicht dazu. Und jetzt ist bei uns auch noch Ausputzer Albin Ekdal wohl wieder mit dabei.
Der HSV ist heiß und gefährlich im Vorpreschen. So war es gegen Bayern, Dortmund und Leverkusen. Am stärksten sind die Hamburger eben gegen die starken Mannschaften. Gladbach gehört zu diesen Topteams der Liga. Auch wenn es zurzeit gehörig rumort in der Fohlen-Elf, es gibt viele Verletzte und ein Kapitäns-Wirrwarr.
Die Unruhe ist die zweite Chance für Hamburg. Das Gladbacher Abwehr-Trio Álvaro Domínguez, Martin Stranzl und Tony Jantschke, in der letzten Saison waren alle drei die Garanten für wenige Gegentreffer, fehlt immer noch verletzungsbedingt. Die jungen Wilden, Andreas Christensen, Nico Elvedi und Martin Hinteregger, die ihrer statt immer häufiger zusammen auflaufen, sind eben auch die jungen Wilden. Heißt: Unerfahren. Was passiert, sollte ihre Mannschaft in Rückstand geraten etwa durch Fehler in der Rückwärtsbewegung? Dann passieren noch mehr Schnitzer. Und dann sorgt auch noch die nur halbwegs abgeklärte Kapitänsfrage für Irritationen. Eigentlich ist das Martin Stranzl, sein Stellvertreter heißt Tony Jantschke, beide sind verletzt. Zuletzt schnappte sich Havard Nordtveit gegen Bremen die Binde, jetzt kehrt der eigentlich Auserkorene Granit Xhaka nach seiner dreiwöchigen Sperre ins Team zurück – und soll es direkt führen. Na dann…
Auch beim HSV kommt übrigens jemand neu ins Team. Brunos Ass: Das ist Josip Drmic. Der Ex-Gladbacher, macht ausgerechnet gegen seinen ehemailigen Club das erste Spiel für Hamburg. Er ist ein wertvoller Tippgeber. Da wird sich Labbadias Pendant André Schubert schon etwas einfallen lassen müssen. Eventuell sogar eine ganz neue Taktik. Nur: Wie will er damit bissige Hamburger schlagen? Eben. Das geht nicht.
Der Gladbach-Kontrahent sieht das natürlich alles ganz anders. Kann er auch. Entscheidend ist auf dem Platz. Und der gehört am Sonntag den Hamburgern.