Eine Analyse : HSV: Deshalb ist der Rauswurf von Christian Titz die richtige Entscheidung
Unverständnis schlägt zurzeit den HSV-Bossen nach dem Rauswurf von Trainer Christian Titz entgegen – zurecht?
Hamburg | Einige Fans wollen ihre Mitgliedschaft beim Hamburger SV kündigen, andere rufen zum Boykott auf: Die Entlassung von Trainer Christian Titz schlägt in den sozialen Netzwerken hohe Wellen. Der Tenor ist überwiegend derselbe: Die Entscheidung des Fußball-Zweitligisten sei falsch. Doch die Verantwortlichen des HSV haben einiges richtig gemacht – eine Analyse.
Zurzeit steht der HSV auf Platz fünf, nur zwei Punkte hinter Spitzenreiter 1. FC Köln. Tabellarisch sind die Nordlichter also nicht weit weg von den direkten Aufstiegsplätzen, auf dem Platz präsentierte sich die Mannschaft jedoch nicht ein einziges Mal souverän in dieser Saison. Aber alles der Reihe nach.
"Sensationstrainer"?
In der vergangenen Saison übernahm Titz den Platz von Bernd Hollerbach auf der Trainerbank. Als "Sensationstrainer der vergangenen Saison" wird Titz unter anderem von einem HSV-Fan auf Facebook bezeichnet. Hollerbach ließ den HSV mit einer Fünferkette auflaufen, welche die Offensive hemmte. Titz stellte um und ließ mutiger agieren. 13 Punkte aus acht Spielen holte der Coach mit der neuen taktischen Ausrichtung. Eine gute Bilanz. Ein "Sensationstrainer" wäre Titz jedoch dann gewesen, hätte er den HSV vor dem Abstieg gerettet.
Ein weiterer Vorwurf an die HSV-Bosse lautet, dass sie dem Coach mehr Zeit hätten geben müssen, das Team zu entwickeln. Schließlich weise das Team den niedrigsten Altersdurchschnitt (22,9 Jahre) der gesamten 2. Bundesliga auf. Allerdings spricht ein Gesamtmarktwert von 56,95 Millionen Euro (laut transfermarkt.de) – hinter Köln der zweithöchste Wert – auch für eine gewisse Qualität.
Titz drückte dem noch sehr unerfahrenem Team sein extrem offensiv ausgelegtes System auf, ohne das entsprechende Spielermaterial zu haben. Keeper Julian Pollersbeck wurde als elfter Feldspieler nach vorne gezogen. Lange Bälle nach vorne waren verboten. Grundsätzlich ist die spielerische Lösung gut. Die Innenverteidiger David Bates und Rick van Drongelen verloren jedoch oft den Ball im Aufbau, Pollersbeck leistete sich ungenaue Pässe, die beim Gegner landeten. Jüngst auch im Spiel gegen den VfL Bochum (0:0). Trotz aller Warnungen blieb Titz stur und blieb dem System treu. Es war letztlich dem Unvermögen der gegnerischen Stürmer zu verdanken, dass diese Schwächen bisher nur von Jahn Regensburg (0:5) und Holstein Kiel (0:3) ausgenutzt wurden.
Jüngst ließ Titz trotz gelernter Stürmer – Pierre-Michel Lasogga und Jan-Fiete Arp – sogar den 32-jährigen Aaron Hunt in der Spitze spielen. Dadurch fehlte zum einen ein richtiger Abnehmer für die Flanken von Außen, zum anderen ein Spielmacher, der die Angriffsreihe mit Pässen fütterte. Hunt ist nicht als Stürmer geeignet. Er beherrscht weder die Schnelligkeit, das Durchsetzungsvermögen noch die notwendige Kopfballstärke.
Die HSV-Bosse hatten direkt nach dem Abpfiff des 34. Spieltages der vergangenen Saison und dem damit verbundenen Abstieg in jedes Mikrofon nur eine Marschroute ausgegeben: den direkten Wiederaufstieg. Dieser Anspruch und die Leistung des HSV gingen in der bisherigen Zweitliga-Saison nicht Hand in Hand. Die Trainerentlassung ist somit konsequent und richtig.
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