Hagebuttenbühne Jugendliche auf der kompromisslosen Suche nach dem Sinn des Lebens
Gänsehaut, Betroffenheit und Gedanken darüber, was wirklich Bedeutung hat im Leben, wirkten bei den Besuchern der Uetersener Hagebutten-Premiere des Stückes „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ noch lange nach. Es war eine tolle Leistung der jungen Laiendarsteller, die sich unter der Regie von Oliver Rühmkorf der Darstellung des nicht unumstrittenen Jugenddramas „Nichts“ der dänischen Schriftstellerin Janne Teller aus dem Jahr 2000 nach der Bühnenfassung des deutschen Dramatikers Andreas Erdmann gewidmet haben. Denn die Jugendlichen im Alter von 16 bis 22 Jahren besetzen zum Teil mehrere Rollen.
Etwa 90 Interessierte waren zur Premiere in die Aula des Ludwig-Meyn-Gymnasiums gekommen und erlebten einen Theaterabend mit einem Stück, dessen Handlung in der Suche nach dem Sinn des Lebens von einem Extrem in das andere fällt. Die jungen Darsteller bewältigten ihr Pensum an Text und Gestaltung der verschiedenen Charaktere durch Phonetik, Mimik und Gestik in beeindruckender Weise.
Auch für das Bühnenbild zeichnet Rühmkorf verantwortlich. Die spartanische und klare Gestaltung der in der Mitte der Aula aufgebauten Spielfläche und die Lichteffekte zu einzelnen Szenen geben dem Spiel der Darsteller und der Phantasie der Zuschauer Raum. Und so fühlt sich der Zuschauer mitten unter den Zwölftklässlern der fiktiven dänischen Kleinstadt Taering, die nach den Sommerferien wieder zum ersten Mal in der Schule zusammenkommen und wie vom Donner gerührt sind, als ihr Mitschüler Pierre Anthon (Niklas Tamm) verkündet: „Nichts bedeutet irgendetwas. Das weiß ich schon lange. Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun“ und sich aus der Schule verabschiedet.
Den Eltern wollen sie sich nicht anvertrauen
Mitschülerin Agnes (Carolin Gill) lässt in ihren Rückblicken die dann eingetretenen Ereignisse, ihre und die Handlungen ihrer Freunde Revue passieren. Denn die Behauptung ihres Freundes Pierre Anthon „In demselben Moment, in dem ihr geboren werdet, fangt ihr an zu sterben. Alles fängt nur an, um aufzuhören. Das Leben ist die Mühe überhaupt nicht wert“, verunsichert, ja verängstigt die Jugendlichen. Denn sie sollen doch etwas aus ihren Leben machen. Den Eltern und Lehrern wollen sie ihre Verunsicherung nicht anvertrauen, aber die Provokationen ihres Freundes, der sie auf einem Pflaumenbaum sitzend verhöhnt: „Wenn ihr 80 Jahre alt werdet, habt ihr höchstens neun Jahre gelebt“ nicht hinnehmen. Sie beschließen, Pierre Anthon zu beweisen, dass es etwas gibt im Leben, was Bedeutung hat. Und so beginnen sie, in einem verlassenen Sägewerk einen Berg der Bedeutung anzuhäufen. Zunächst besteht der Berg nur aus Gegenständen - einer geliebten Puppe aus den Kindertagen, einem Kamm, einem Fahrrad, einem Teleskop, einem Gesangbuch. Doch die gegenseitigen Forderungen nach dem, was für den Gebenden Bedeutung hat, werden immer tiefgreifender, provokanter und verletzender. Bei der Suche nach der „Bedeutung“ zwingen sie die Jugendlichen gegenseitig zu Opfern, die jenseits des Materiellen liegen. Je stärker das Opfer schmerzt, umso größer für die Jugendlichen die Bedeutung. Der Zuschauer hofft, dass es nicht zu diesen Opfern kommt. Die Jugendlichen verlieren die Kontrolle, werden fanatisch und rücksichtslos bei ihrer Suche nach der Bedeutung. Doch Pierre Anthon können sie nicht überzeugen.
Keine leichte Unterhaltung, sondern ein Stück, das durch seine Fragen, die es aufwirft, berührt und nachdenklich macht. Lässt sich Verständnis für die Taten der Jugendlichen aufbringen? Nein. Aber Verständnis für ihre Suche nach dem, was Bedeutung im Leben hat und Verständnis für die Angst, diese Bedeutung nicht zu finden.
