Bauer Detlefsen aus Hüsby : Jetzt wird ohne Quote gemolken
Jahrzehntelag gab die EU vor, wie viel Milch Europas Bauern verkaufen dürfen. Das ist seit Mittwoch vorbei.
Für die 120 Milchkühe von Heino Detlefsen war gestern ein Tag wie jeder andere – und das, obwohl es ihr erster Tag ohne Milchquote war. Mit Wirkung zum 1. April hat die Europäische Union die seit 1984 geltende Beschränkung abgeschafft. Ab jetzt darf jeder Bauer so viel Milch liefern, wie er möchte. Das aber kann und will Heino Detlefsen gar nicht.
„Die Milchquote ist zwar abgeschafft, aber es gibt ja immer noch Beschränkungen durch die Landfläche, die Stallkapazitäten und die Arbeitskraft“, erklärt der 48-Jährige. Bisher bewirtschaftet er seinen Hof außerhalb von Hüsby zusammen mit einem fest angestellten Mitarbeiter. Sie betreuen insgesamt 300 Tiere (hier wird der Nachwuchs selbst aufgezogen) und die hofeigene Biogas-Anlage und sind damit komplett ausgelastet. Durch Optimierung des Bestandes und des Futters sei zwar noch einmal eine Steigerung von 10 bis 20 Prozent drin, dann aber sind die Kapazitäten des Hofes ausgelastet. „Wenn ich mehr will, muss ich Ställe bauen, Land kaufen und Leute einstellen“, sagt Heino Detlefsen.
Ob sich das wirklich lohnt, hängt auch von der Entwicklung der Milchpreise ab. Skeptiker befürchten, dass der Markt durch die Abschaffung der Quote mit Milch überschwemmt wird und der Preis einbricht. Das sieht Heino Detlefsen wesentlich gelassener. „Einige Berufskollegen haben in der Vergangenheit Ställe gebaut und werden sicher bald mehr Milch liefern“, weiß er, aber die meisten werden erst mal den Markt beobachten. Wohin der Preis steuert, weiß Detlefsen nicht: „Wenn ich das wirklich wüsste, wäre ich nicht mehr Bauer, sondern würde mir an der Börse eine goldene Nase verdienen“, sagt er. Zurzeit bekommen die Bauern 28 Cent pro Kilo Milch – während die Erzeugung den Landwirt rund 33 Cent kostet. „Dass es noch viel weiter nach unten geht, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt der Milchbauer. Deshalb wird er seinen Hof wie bisher weiterführen.
Aber die Unsicherheit bei der Preisentwicklung, fehlende Nachfolger auf den Höfen und immer neue Vorgaben aus Brüssel und Kiel haben bereits viele Berufskollegen zum Aufgeben bewegt. „Als ich den Hof vor 20 Jahren übernommen habe, gab es in Hüsby 26 Landwirte. Inzwischen sind es nur noch sechs. Und in diesem Jahr haben bereits wieder zehn Kollegen im Kreis Schleswig-Flensburg das Handtuch geworfen. „Sie sind regelrecht zermürbt – und das kann ich gut verstehen“, sagt der Familienvater. Die zunehmende Bürokratie, das ständige Auf und Ab bei den Preisen, steigende Kosten bei bestenfalls stagnierenden Erträgen zehren an den Kräften. Und dann ist da noch die Politik aus Kiel, an der Detlefsen kein gutes Haar lässt. „Es gibt immer mehr Eingriffe wie die Knickverordnung oder die Abschaffung des Betretungsverbots, die einfach nicht sein dürfen“, ärgert sich Heino Detlefsen.
Und sie erreichen seiner Meinung nach genau das Gegenteil von dem, was eigentlich gewollt ist. „Das trägt dazu bei, dass vor allem kleine Familienbetriebe aufgeben – genau die, die sich für Tiere, Land und Leute wirklich verantwortlich fühlen. Das kann doch nicht ernsthaft gewünscht sein.“
Die Frage, wann er denn seinen Hof abgeben will, kommt wie aus der Pistole geschossen: „So bald wie möglich.“ Aber anders als andere Kollegen wird Heino Detlefsen seinen Hof nicht verkaufen oder verpachten, sondern an den ältesten seiner drei Söhne weitergeben. Henrik (19) macht eine Landwirtschaftslehre, muss danach ein praktisches Jahr und zwei Jahre Schule absolvieren – dann könnte es irgendwann so weit sein. Er selbst will dann mit seiner Frau ins Dorf zurückkehren. Ein gewisser Abstand zwischen Altbauer und seinem Nachfolger sei ganz gut für die Stimmung. Man muss seine Jacke anziehen müssen, wenn man zum Hof zurückkehrt, hat ihm schon sein Vater mit auf den Weg gegeben.
Milchquote hin oder her – Heino Detlefsen wird den Hof wie gewohnt mit Hingabe bewirtschaften, bis er ihn abgibt. Danach kann Sohn Henrik entscheiden, wie es mit dem Betrieb weitergeht

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