Alfred Koltermann ist der Kandidat der Schleswiger Nachrichten für die Wahl zum Menschen des Jahres 2016.
Es ist bald zwei Jahre her, dass Alfred Koltermann zum ersten Mal in den Redaktionsräumen der Schleswiger Nachrichten stand. In der Hand hatte er einen Brief aus Berlin, unterschrieben von David Gill, dem Chef des Bundespräsidialamtes. „Sie können sicher sein, dass der Bundespräsident sich auch in Zukunft dafür einsetzen wird, das Unrecht, das Menschen wie Ihnen widerfahren ist, aufzuklären“, stand darin. Es war der erste große Sieg für Alfred Koltermann in seinem Ringen um Anerkennung für Menschen wie ihn. Für Menschen, die ihre gesamte Kindheit in psychiatrischen Krankenhäusern verbracht haben, nur selten menschliche Wärme erfuhren, mit Psychopharmaka ruhig gestellt und von überforderten Pflegern misshandelt wurden.
Dass dieser Skandal, der sich in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik in zahlreichen psychiatrischen Kliniken ereignete, heute mehr und mehr öffentlich bekannt wird, ist auch das Verdienst von Alfred Koltermann, der seinen Leidensgenossen eine Stimme gibt. Deshalb hat die Redaktion der Schleswiger Nachrichten ihn nominiert für die Wahl zum Menschen des Jahres 2016. Er ist damit einer von 15 Kandidaten aus ganz Schleswig-Holstein, die von den Lokalredaktionen im ganzen Land für diese Auszeichnung des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (sh:z) vorgeschlagen wurden.
Mit seiner authentischen Art ist es Alfred Koltermann gelungen, viele Türen zu öffnen. Er hat kaum Schulbildung. Lesen und Schreiben fällt ihm schwer. Aber er verfolgt seine Sache hartnäckig und findet immer wieder Menschen, die ihn unterstützen. Es war zum Beispiel die Lürschauer CDU-Bundestagsabgeordnete Sabine Sütterlin-Waack, die ihm half, den Brief an Bundespräsident Joachim Gauck zu formulieren.
So zählte Koltermann zu einer kleinen Gruppe von Betroffenen, die zu einer Anhörung im Bundesfamilienministerium eingeladen wurden. Dort ging es um einen Entschädigungsfonds für die Opfer der Psychiatrie. Nach jahrelangen Verhandlungen haben Bund, Länder und Kirchen am vergangenen Donnerstag eine Vereinbarung zur Errichtung einer entsprechenden Stiftung unterzeichnet.
Am Ziel sieht sich Alfred Koltermann jedoch noch lange nicht. Aus dem Fonds sollen Menschen wie er jeweils einmalig 9000 Euro bekommen. Das ist deutlich weniger, als die einstigen Bewohner von Kinder- und Jugendheimen erhalten, deren Schicksal mit dem der jungen Psychiatrie-Bewohner vergleichbar ist. Nicht nur Alfred Koltermann empfindet dies als große Ungerechtigkeit. Er will deshalb weiter kämpfen für sich und seine Leidensgenossen. In der einfachen Sprache, mit der Koltermann so viele Herzen erreicht, sagt der 64-Jährige: „Wir haben auch Menschenrechte. Das steht im Gesetz.“ Eine Unterstützerin hat er dabei in der ehemaligen Landespastorin Petra Thobaben, die von der Landesregierung beauftragt wurde, das Unrecht in den psychiatrischen Kliniken aufzuarbeiten. Sie hat bei der Wahl zum Menschen des Jahres bereits ihre Stimme für Koltermann abgegeben.
Info
>Bis zum 31. Dezember können Sie über den Menschen des Jahres abstimmen. Wenn Sie Alfred Koltermann Ihre Stimme geben möchten, rufen Sie an unter 01375-80401791-12 (14 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, mobil deutlich teurer) oder schicken Sie eine SMS mit dem Text shz vote 12 an die Nummer 42020. Sie können auch auf dem Stimmzettel abstimmen, den unsere Zeitung am Sonnabend zusammen mit Kurzporträts aller 15 Kandidaten veröffentlichte und der im Laufe des Monats noch mehrmals abgedruckt werden wird.