Geflüchtete und Helfer im gemeinsamen Gespräch.
Konzentriert beugen sich Mustafa und Regina Rudolph über den Tisch. Vor ihnen liegen zwei Blatt Papier. Auf dem einen steht ein Text in Deutsch, auf dem anderen notiert der 33-jährige Iraker die arabische Übersetzung. „Was ist eine Hüpfburg?“, will er wissen, und Rudolph erklärt geduldig. Seit Dezember organisiert Rudolph für die ehrenamtliche Gruppe „Ellerbek Hilft“ in den Räumen der Ellerbeker Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde am Verbindungsweg jeden zweiten und vierten Montag im Monat das „Café der Begegnung“. „Die Resonanz ist ganz unterschiedlich – im Durchschnitt sind etwa zehn Erwachsene und zehn Kinder hier“, berichtete sie.
Noch während sie spricht, laufen ein Junge und ein Mädchen zur Tür herein, beide im Kindergartenalter, und werden mit großem Hallo begrüßt. Im nächsten Moment sitzen sie schon am Tisch, um bunte Windräder zu basteln, während sich die Mutter erst einmal einen Kaffee holt. „Nicht nur die in Ellerbek ansässigen Flüchtlinge, sondern auch die Ehrenamtler nutzen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch“, erklärte Rudolph. Damit die Erwachsenen sich in Ruhe unterhalten könnten, gebe es immer auch Spiel- und Bastelangebote für den Nachwuchs.
Mustafa ist inzwischen mit der Übersetzung fertig. „Ich bin seit einem Jahr und acht Monaten in Deutschland“, berichtete er. Im offenen Freitagstreff in Rellingen lernte er Rudolph kennen – und war sofort bereit, die frisch gegründete Gruppe „Ellerbek Hilft“ bei der Verständigung mit Flüchtlingen zu unterstützen. „Ich habe Zeit und es trainiert mein Deutsch“, sagte der Iraker. Außerdem sei der Kuchen immer so lecker, fügte er hinzu und lachte.
Wie viele andere wartet Mustafa auf seine Anerkennung und will möglichst schnell arbeiten. „Zweimal in der Woche lerne ich Deutsch an der Pinneberger Volkshochschule, außerdem nehme ich die Angebote im Café Pino wahr“, erklärte er. Der ausgebildete Automechaniker arbeitete zwölf Jahre lang in seinem Beruf, bevor er vor dem Terror in seiner Heimat flüchtete. „Zermürbend“, sagte er leise, sei das lange Warten – und dass er mit seiner Frau, nur über Skype und What’s App kommunizieren kann. Sie und seinen fünfjährigen Sohn sowie die sechsjährige Tochter wolle er so bald wie möglich nach Deutschland holen. „Ich will einfach nur leben und arbeiten“, sagte er. Immerhin helfe es ein bisschen, etwas von der Menschlichkeit, die er selbst erfahren habe, an andere, die die Sprache noch überhaupt nicht verstehen, weiterzugeben.
Ganzheitliche Betreuung
„Langeweile und Frust sind hier auch Themen“, bestätigte Heike Rix, die für die Koordination des Deutschunterrichts in Ellerbek verantwortlich zeichnet. „Inzwischen geben wir nicht nur Einzel-, sondern auch zweimal die Woche Gruppenunterricht“, erklärte sie. Auch dann werde eine Kinderbetreuung angeboten, damit die Eltern in Ruhe dem Unterricht folgen könnten.
Ein weiteres Angebot seien Alphabetisierungskurse. „Es hat sich gut eingespielt, einige der Betreuer unserer Flüchtlingsfamilien geben auch in privatem Rahmen zusätzlichen Unterricht“, zog Rix Bilanz. Geplant sei auch, eine Vorschulgruppe für Ellerbeker und Flüchtlingskinder einzurichten.
„Inzwischen konnten wir aus Spendengeldern einen Beamer für den Unterricht anschaffen“, berichtete die Koordinatorin. Benötigt würden weitere Betreuer, die Neuankömmlingen mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Momentan sind überwiegend Familien hier, aber auch Einzelpersonen werden uns zugeteilt – die wollen wir ebenso gut an die Hand nehmen“, sagte Rix.
In der Zwischenzeit hat sich Mustafa mit seinem Landsmann Ayman (21) aus Falludja zum Billardspielen zurückgezogen. Eine Familie genießt die Sonne auf der Wiese vor der Kirche, an den Tischen im Gemeindehaus sitzen Geflüchtete und Ellerbeker bunt durcheinander. Die Atmosphäre ist entspannt. Es scheint, als seien die Geflüchteten hier endlich angekommen.