Christa und Petra Reimann beliefern auch Unternehmen mit ihren Keksen. Schwerer Schicksalsschlag 2014.
Kekse? Nur Kekse? Einige Kunden sind irritiert, wenn sie die Backstube von Petra Reimann betreten und feststellen, dass es sich nicht um eine klassische Konditorei handelt. Im Keks-Backstübchen gibt es tatsächlich nur Kekse. Aber was für welche! Über 100 Sorten – alle selbst kreiert, selbst geknetet, selbst gebacken und mit besten Zutaten. „Wir brauchen kein Chichi. Wir bieten einfach das an, was wir richtig gut können“, sagt die Chefin.
Was als Küchen-Experiment vor sieben Jahren begann, ist heute eine moderne Backstube mit Internetversand. Inzwischen sind nicht nur Privatleute, sondern auch Chefs und Mitarbeiter in Banken, Kanzleien, Firmen und Vorstandsetagen auf den Geschmack gekommen. „Die Business-Leute waren ganz erstaunt, dass unsere Kekse während des Meetings tatsächlich gegessen werden und nicht, wie sonst, nur als Deko auf dem Tisch stehen“, so Reimann. Jetzt schickt sie ihre süße Fracht quer durch die Republik – mit umweltfreundlicher Verpackung und einer Haltbarkeit von mehr als sechs Wochen. „Wir haben sogar Anfragen aus den Benelux-Ländern, aus Dänemark und der Schweiz“, sagt sie stolz.
„All unsere Kekse werden ohne Ei hergestellt. Jetzt könnte man denken, wir reiten auf der veganen Welle, das hat aber einen ganz anderen Grund.“ Der Grund heißt Britta. Die Schwester von Petra Reimann hatte eine Ei-Allergie und hat Zeit ihres Lebens darunter gelitten. „Wir wuchsen in der elterlichen Backstube in Preetz auf, aber Britta konnte so gut wie nichts von den köstlichen Keksen und Kuchen essen, die dort tagtäglich gebacken wurden“, sagt die 54-Jährige. „Britta wollte immer Kekse ohne Ei, die so lecker wie Kekse mit Ei schmecken. Bis sie es dann einfach einmal ausprobiert hat.“
Die Schwestern waren bereits über 40, hatten schon längst ihr eigenes Leben, die Preetzer Backstube gab es nicht mehr und Mutter Christa war inzwischen wegen ihres neuen Lebensgefährten nach Pinneberg gezogen. Die Reimann-Frauen trafen sich regelmäßig. Immer bei der Mutter in Pinneberg. Und dann ging es 2010 los. Die Küche der Mutter wurde zur Behelfs-Backstube umfunktioniert und die Drei haben getestet, probiert und kreiert. „Eine tolle Zeit. Das ganze Haus hat immer ganz wunderbar gerochen und die Nachbarn angelockt“, erinnert sich Reimann. „Ich habe es schon als Kind geliebt und liebe es immer noch, die Hände im Teig zu haben.“
Und dann ging alles ganz schnell. Die heimischen Test-Keksproduktionen konnten die Reimanns nicht alleine essen – es waren zu viele. Sie verschenkten sie an die Pinneberger Nachbarn. „Die waren so begeistert, dass sie Nachschub haben wollten und uns gefragt haben, ob wir ihnen die Kekse nicht backen und verkaufen könnten.“ Da kam die Idee auf, die Kekse im Internet anzubieten. Die Schwestern, inzwischen auch nach Pinneberg gezogen, begannen mit der Keksherstellung im Innenhof der Dingstätte 39. Mutter Christa natürlich immer dabei. „Da hatten wir auch schon einen kleinen Werksverkauf.“ Alles lief super, die Reimann-Frauen hatten ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht, waren zusammen und glücklich.
Doch dann wurde ihr Leben aus der Bahn geworfen. Britta starb im Jahr 2014. „Wir konnten es einfach nicht fassen. Das war mit Abstand das Schlimmste, was uns bisher widerfahren ist. Wir Drei waren immer sehr eng“, sagt Reimann. „Ich wollte das Keks-Backstübchen sofort verkaufen und mich nur noch in eine Ecke verkriechen und weinen.“

Nach dem ersten Schock, vielen Gesprächen und ein wenig Abstand hat sich Petra Reimann doch entschieden, im Sinne ihrer Schwester weiter zu machen. Und nicht nur das, vor ein paar Wochen ist sie sogar in größere Räumlichkeiten gezogen – vom Innenhof direkt in die Dingstätte 39. Wer die Tür öffnet, ist nur durch einen Tresen von der Backstube getrennt und kann genau verfolgen, wie in der Manufaktur gearbeitet wird. Vor dem Tresen gibt es kleine Tische. Dort werden Kekse und ein von Hand aufgebrühter Kaffee serviert.
Reimanns Lebensgefährte Holger Drescher arbeitet im Keks-Backstübchen manchmal „ehrenamtlich“ mit. Die Chefin und er hatten einst in Preetz gemeinsam Abitur gemacht. Sie hatten sich aus den Augen verloren und erst vor ein paar Jahren auf einem Abi-Treffen wiedergesehen. „Wir haben herzlich gelacht, als wir festgestellt haben, dass wir beide seit einigen Jahren in Pinneberg leben. Zufällig begegnet sind wir uns nie.“
Drescher hat in Sachen Kaffee lange recherchiert und probiert. „Jetzt stimmt die Sache. Wir haben den optimalen Kaffee zu den Keksen gefunden“, sagt er überzeugt. Wer jetzt auf Kekse auf die Hand und Coffee to go hofft, wird kein Glück haben. Reimann und Drescher aus einem Munde: „Kaffee in Pappbechern, Kekse auf Servietten? Niemals. Gute Produkte brauchen Ruhe und Zuwendung.“