250 Gegendemonstranten hinderten den Zug der Rechtsradikalen am Start. Auf dem Großflecken gab es ein buntes Willkommensfest.
Aus dem Anti-Asyl-Marsch durch die Innenstadt wurde am Sonnabendmittag nichts. Rund 80 Teilnehmer, zumeist aus dem rechtsradikalen Umfeld, hatten ursprünglich gegen 13 Uhr vom Kleinflecken Richtung Rathaus ziehen wollen. Doch zirka 250 Gegendemonstranten blockierten den Zug stundenlang vor Ort.
Eigentlich hatte die Gruppe aus zum Teil bekannten Neonazis sowie Anhängern der verbotenen Rockergruppe „Bandidos Neumünster“ über Mühlenhof, Schützenstraße und Wittorfer Straße zum Rathaus ziehen und „gegen Asylbetrug, Masseneinschleusung und Islamisierung“ protestieren wollen. Doch die Gegendemonstranten gaben den Weg trotz mehrfacher Aufforderung durch die Polizei nicht frei. Sympathiebekundungen bekamen sie zwischenzeitlich von Seiten der FDP-Landespolitiker, die zu diesem Zeitpunkt ihren Parteitag in der Stadthalle abhielten und für eine Weile herauskamen, um den Rechten die rote Karte zu zeigen. Auch Oberbürgermeister Dr. Olaf Tauras stellte sich zu den Gegendemonstranten und beobachtete die Lage.

Schließlich wurde nach einigen Diskussionen im strömenden Regen von den Neonazis eine andere Route links über den Schleusberg akzeptiert. Doch kaum hatte sich der Zug der Rechten in Bewegung gesetzt, war nach wenigen Metern auch schon wieder Schluss. Auf Höhe Pahls Gang blockierten die Gegendemonstranten erneut die Strecke. Der Polizei, die mit einem Großaufgebot aus dem Land sowie aus Hamburg vor Ort war, gelang es, beide Lager konsequent zu trennen. Letztendlich mussten die Neonazis ihre Schlusskundgebung auf dem Schleusberg gegen 15 Uhr abhalten. Ihre Demonstration, zu der die Rechten laut Organisator eigentlich 300 Anhänger erwartet hatten, war nur bis zu diesem Zeitpunkt angemeldet – und wurde somit von der Polizei beendet.

Nach dem offiziellen Ende gerieten allerdings noch einzelne Gruppen in der Innenstadt aneinander. Dabei wurde laut Polizeisprecher Rainer Wetzel eine junge Frau verletzt. „Die Hintergründe hierzu müssen noch genau geklärt werden“, so Wetzel.
Bereits eine Stunde vor der Anti-Asyl-Demonstration hatten sich auf Einladung des Runden Tisches für Toleranz und Demokratie zahlreiche Vertreter aus Vereinen, Verbänden, Lirchen sowie Politiker und Bürger auf dem Großflecken eingefunden und ein Willkommensfest mit Musik, Speisen, Getränken, Informationen und Gesprächen vorbereitet. Rund 300 Besucher – unter anderem Kunden des nahen Wochenmarktes – blieben stehen, um mitzufeiern.
Henning Möbius, Vorstand des Runden Tisches, erinnerte in seiner Ansprache an die Anschläge in Paris. Er warnte jedoch vor vorschnellen Begründungen und Vorverurteilungen, die insbesondere rechte Strömungen für ihre Zwecke ummünzten. „Das waren keine Gotteskrieger, sondern Terroristen, die die Religion, die wir in Neumünster als friedlich erleben, missbrauchen“, sagte er. Die Gäste der Feier konnten sich über Stunden in ein Kondolenzbuch für die Opfer von Paris eintragen.
KOMMENTAR Diesmal konnten die Neonazis nicht marschieren und ihre gefährlichen Parolen durch die Stadt tragen. Das ist sicher ein großer Erfolg. Allerdings: Die geistigen Brandstifter aus der rechten Ecke haben via Internet ganz andere Wege, um ihre Botschaften zu verbreiten – und dort werden sie jeden Tag wieder fröhlich von gern anonymen Anhängern beklatscht. Inhaltliche Aufklärung und Gespräche, wie sie beim Willkommensfest im Vordergrund standen, bleiben daher wichtig. Wie verlogen die sogenannten „besorgten Bürger“ vorgehen, zeigte sich nämlich erneut auf der Demo der Rechten. Nach einer „Schweigeminute für die Opfer von Paris“ schwenkten sie ihre Plakate und wünschten genau diejenigen außer Landes zu jagen, die vor dem Terror in Deutschland Zuflucht suchen. |
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