Heute gibt’s Giftblätter – an zwei Grundschulen völlig schmerzfrei
Jubel oder Bauchschmerzen, das ist die große Frage. Wie im ganzen Land erhalten auch Neumünsters Schüler heute vor dem Start in die Sommerpause ihre Zeugnisse, darunter auch 2369 Jungen und Mädchen der zwölf Grundschulen. Immerhin an zwei Schulen wird das garantiert schmerzfrei über die Bühne gehen: Die Timm-Kröger-Schule und die Gartenstadtschule haben sich bereits vor anderthalb Jahren entschieden, den Giftblättern den Zahn zu ziehen und auch in den dritten und vierten Klassen keine Noten mehr zu vergeben. Beide Vorreiter haben dabei offenbar gute Erfahrungen gemacht.
„Wir können das nur jeder Schule empfehlen“, sagt etwa Martina Behm-Kresin, Schulleiterin der Timm-Kröger-Schule. Zwar habe es anfangs viel Verunsicherung bei den Eltern gegeben, das habe sich – nach viel Überzeugungsarbeit – aber längst gelegt: „Viele glaubten, sie würden künftig keine Rückmeldung über ihr Kind in der Schule mehr erhalten“, erklärt die Schulleiterin: „Das Gegenteil ist der Fall: Sie bekommen einen wesentlich differenzierteren Spiegel darüber, was ihr Kind schon kann und was nicht.“
Tatsächlich ist das notenfreie Zeugnis wesentlich umfangreicher als die klassische Variante. Statt nur eine zusammenfassende Gesamtnote etwa für das Fach Deutsch zu geben, wird beim notenfreien Zeugnis genauer hingeschaut und etwa nach der Fähigkeiten im Zuhören, Schreiben oder Sprechen unterschieden. „Alle gewinnen“, ist Martina Behm-Kresin überzeugt: „Der Druck auf den Schüler nimmt ab, seine Motivation zu, und die Eltern erhalten ein viel genaueres Bild davon, wo sie noch sinnvoll unterstützen können oder sollten.“
Ganz ähnlich sieht man das an der Gartenstadtschule. Ja, natürlich mache die differenzierte Beurteilung viel Arbeit und erfordere eine enge Rückkopplung zu den Eltern, räumt Schulleiterin Ellen Naumann ein. Sie ist allerdings überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt: Einschlägige Studien würden klar belegen, dass die Schüler bei detaillierten Rückmeldungen mittelfristig nicht nur besser werden, sondern auch spürbar an Selbstvertrauen gewinnen. Schlechter geworden sei die Schule durch die Abschaffung der Noten jedenfalls nicht, das lasse sich belegen, hält Ellen Naumann allen Skeptikern entgegen. Tatsächlich ist von der anfänglichen Skepsis an der notenfreien Schule heute nicht mehr viel zu hören: „Es gibt keine einzige Beschwerde von Eltern, die sich beklagen, dass nicht mehr benotet wird“, bestätigte gestern Schulrat Jan Stargardt.
Noten und Berichte Grundschulen und Schulen mit Grundschulzweig gehen ganz unterschiedlich mit Zeugnisnoten und schriftlichen Entwicklungsberichten um: An allen zwölf Schulen werden in in der 1. und 2. Klasse grundsätzlich Berichtszeugnisse verteilt. In der Grundschule an der Schwale, Johann-Hinrich- Fehrs-Schule, Mühlenhofschule, Rudolf-Tonner-Schule, den Grundschulen Gadeland, Wittorf und der Grund- und Gemeinschaftsschule Einfeld gibt es ab der 3. Klasse Notenzeugnisse mit Entwicklungsbericht. An der Vicelinschule, der Pestalozzischule und der Hans-Böckler-Schule werden die Noten ab der 4. Klasse eingeführt. Lediglich Gartenstadtschule und Timm-Kröger-Schule verteilen ausschließlich notenfreie Schulzeugnisse. |
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