Archiv Rendsburg : Zu viele Ahnenforscher überfordern Stadtarchiv
Die Zahl der privaten Anfragen steigt stetig, sodass für die Kernaufgaben zu wenig Zeit übrig bleibt.
Rendsburg Während die Stadtbücherei sinkende Ausleihzahlen beklagt, kann sich die Leiterin des Rendsburger Stadtarchivs vor Anfragen kaum retten. Allein im vergangenen Jahr kamen 767 Besucher im Dachgeschoss des Rathauses, wo Archivarin Dr. Regina-Maria Becker über 250 Meter Aktenbestände pflegt. Im Vergleich zu 2013 sind es 49 Besucher mehr, wie aus dem aktuellen Jahresbericht hervorgeht. Die Zahl der Familienforscher wächst, immer mehr Menschen wollen Hintergründe zu Grundstücken und Häusern erfahren. Doch durch die vielen privaten Anfragen bleibt die Kernarbeit des Archivs oft liegen, beklagt die Leiterin: „Es ist und bleibt die vornehmliche Aufgabe eines Stadtarchivs, die vorhandenen Bestände zu wahren, zu pflegen und durch regelmäßige Aktenübernahme zu erweitern.“
Seit Jahren beobachtet die Leiterin die wachsende Nutzung. Die Familienforschung ist ein immer beliebter werdendes Hobby. Vor allem die Älteren können sich dafür begeistern und das Internet hat den Recherche-Einstieg erleichtert. Doch wenn die Forscher nicht mehr weiterkommen, führt der Weg ins Archiv. „Bei aller Kundenfreundlichkeit sollte aber nicht vergessen werden, dass das Archiv in erster Linie im Dienst der Verwaltung steht und dafür sorgen muss, die Transparenz der Verwaltungsarbeit aus der Vergangenheit in die Zukunft zu tragen“, so Becker.
Manchmal verbringe sie Stunden damit, bei der Ahnenforschung zu unterstützen. Das sei eine „richtige Detektivarbeit“. Zahlreiche Melderegister und Telefonbücher müssen mitunter für eine kleine Anfrage durchforstet werden.
Mit einer Stelle sei die Arbeit kaum noch zu bewerkstelligen. Deshalb hat Becker schon im vergangenen Jahr im Kulturausschuss gefordert, eine zusätzliche halbe Stelle zu schaffen. Dieser Vorschlag fand kaum Anklang. „Es kann nicht sein, dass irgendein Familienstammbaum ins Detail nachverfolgt wird und die Kernaufgaben dabei liegen bleiben“, sagt Becker.
Ende April wird die langjährige Leiterin in den Ruhestand verabschiedet. Dass die Stelle ihres Nachfolgers um zehn Stunden gekürzt werden soll, kann sie nicht verstehen. „Ich weiß nicht, wie man das bewerkstelligen soll.“ Knappere Antworten, eingeschränkte Besucherzeiten und weniger Öffentlichkeitsarbeit könnten die Folge sein.
Bürgermeister Pierre Gilgenast ist sich der Bedeutung des Archivs bewusst, er selbst sei ein großer Fan der Stadtgeschichte und sehr glücklich über den großen Bestand. Trotz der vielen Besucher sei die Stundenkürzung aber weiter geplant. Eine Kooperation mit dem Museum könnte seiner Meinung nach eine Lösung für den erhöhten Arbeitsaufwand sein. Sollte sich herausstellen, dass die neue Kraft mit den Stunden nicht auskommt, werde man die Kürzung noch einmal überdenken. Einen Nachfolger für Regina-Maria Becker gebe es noch nicht, 30 Bewerbungen liegen vor. Die Gespräche beginnen in den nächsten zwei Wochen. Jana Walther

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