Eutin Rassismus-Skandal in Polizeischule: Stefan Studt will Klärung

Von Eckard Gehm | 23.06.2016, 11:52 Uhr

Angehende Polizisten sollen Kollegen mit Migrationshintergrund beleidigt haben. Jetzt werden die Vorwürfe erneut geprüft werden.

Neue Entwicklung im Skandal um sexistische und rassistische Äußerungen in der Polizeischule Eutin: Nach Informationen des sh:z will das Innenministerium jetzt bis zum 1. Juli über die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens entscheiden. An diesem Tag werden die neuen Polizisten vereidigt – und auch die belasteten Anwärter würden als Beamte ihren Dienst antreten und auf Streife gehen.

Angesichts der gravierenden Vorwürfe eine untragbare Situation. „Mir wird angst und bange bei der Vorstellung, dass Polizisten mit möglicherweise sexistischen und rassistischen Einstellungen dann Frauen vor gewalttätigen Ehemännern oder Flüchtlinge vor Anschlägen schützen sollen“, sagt Patrick Breyer, Fraktionsvorsitzender der Piraten, der den Fall öffentlich gemacht hatte.

Zwei bis drei angehende Polizisten sollen im Frühjahr 2014 weibliche Anwärterinnen sexuell bedrängt und Kollegen mit Migrationshintergrund beleidigt haben. Außerdem sollen sie über die WhatsApp-Gruppe ihres Ausbildungsjahrgangs Pornobilder und rassistische Parolen verbreitet haben. Einer der Anwärter soll sogar geschrieben haben, er habe Lust, mit einer Maschinenpistole „auch mal in eine Moschee reinzustürmen“. So gaben es die drei Polizeischülerinnen zu Protokoll, die ihrem Vorgesetzten Ende 2014 die Vorfälle gemeldet hatten.

Der Leiter der Polizeischule lehnte nach einer internen Prüfung jedoch ein Disziplinarverfahren ab. Auch die Lübecker Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen ein. Bei der sexuellen Beleidigung war die Frist für eine Anzeige verstrichen. Und die ausländerfeindlichen Parolen seien nur innerhalb der WhatsApp-Gruppe geteilt worden, womit der öffentliche Frieden nicht gestört gewesen sei und keine Volksverhetzung vorgelegen habe.

Aus Datenschutzgründen hat die Polizeischule danach alle Unterlagen vernichten lassen. Breyer grub einen Teil davon wieder aus, darunter WhatsApp-Verläufe mit Namen und Uhrzeiten. Weitere Unterlagen erreichten das Innenministerium anonym, insgesamt mehr als einhundert Seiten. „Aufgrund des anonym versandten Papierkonvoluts wurden erneut Ermittlungen zu diesem Themenkomplex aufgenommen“, bestätigt Patrick Tiede, Sprecher des Innenministers.

Mit der Prüfung hat Stefan Studt (SPD) wieder den Leiter der Eutiner Polizeischule beauftragt, der die Beschuldigten damals offenbar nicht einmal vernehmen ließ. Diesmal sollen allerdings andere Ermittler den Sachverhalt beurteilen. Sehen sie stichhaltige Gründe für ein Disziplinarverfahren, käme die Polizei in eine unangenehme Lage: Sie müsste sich fragen lassen, ob 2014 etwas vertuscht worden ist.

Unklar ist, ob ein Disziplinarverfahren die Vereidigung letztlich verhindern würde. Dazu schweigt das Innenministerium. Um diese Frage zu klären, haben die Piraten Innenminister Studt am kommenden Mittwoch noch einmal in den Innen- und Rechtsausschuss geladen. „Sind die Anwärter erst zu Beamten auf Probe ernannt, ist eine Entlassung wegen Zweifeln an der charakterlichen Eignung deutlich schwieriger“, fürchtet Breyer.

Gegen die Einstellung des Strafverfahrens hat die Anwältin der drei weiblichen Anwärter Beschwerde eingelegt. Der Fall liegt derzeit beim Generalstaatsanwalt in Schleswig. Sprecherin Wiebke Hoffelner: „Die Prüfung wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.“

TEASER-FOTO: Redaktion