
Preisverleihung in Itzehoe bei den Krimi-Nordica-Awards: In der Kategorie „Story“ liegen die Autorinnen vorne, während der Film-Preis fest in Männerhand bleibt.
Wenn Kabarettist Manfred Degen an die Zukunft seiner Geschlechtsgenossen in Schleswig-Holstein denkt, beschleicht ihn Angst. Es sei nicht nur eine Verweiblichung der Autorenschaft festzustellen, sondern auch eine beängstigende Verweiblichung der Täterschaft, stellte Degen bei der Verleihung der Krimi Nordica-Awards in Itzehoe fest. Tatsächlich dominierten beim Kurzkrimi-Wettbewerb, den das Stadtmanagement Itzehoe in Zusammenarbeit mit dem sh:z ausgerufen hatte, die Täterinnen. Aus 311 Einsendungen in der Kategorie „Story“ wählte die Jury Anne Kersgaards Kurzkrimi „Beim nächsten Mann wird alles anders“ auf Platz 1. Die Geschichte besticht durch ein überraschendes Ende.
Nicht nur für die Jury sei die Entscheidung schwer gewesen – wie dicht die eingereichten Kurzkrimis qualitativ beieinander lagen, habe auch der Leserpreis gezeigt, sagte sh:z-Kulturredakteur Martin Schulte. In den vergangenen Wochen konnten Leser des Wochenend-Journals unserer Zeitung ihren Favoriten wählen – zwischen Platz 1 und 2 lagen nur zwei Stimmen. Claudia Wenks „Nur ein Fahrrad“ war der bestplatzierte Beitrag. Damit setzte sich wie schon 2013 eine Geschichte durch, die in der Nachkriegszeit spielt: Im Pflegeheim trifft ein freiwilliger Helfer auf den SS-Mann, der einst seine Familie zerstörte.
Fest in Männer-Hand blieb der Award in der erstmals ausgerufenen Kategorie Film. 115 Einsendungen aus aller Welt, von humorvoll bis gruselig, musste die hochkarätig besetzte Jury begutachten. Der Hauptpreis ging nach China: „Pan Ruo Yun Ni“ („Wolken und Schlamm“) von Acheng Dong setzte sich durch – und das völlig zu Recht, wie Schauspieler Ingo Naujoks als Jury-Mitglied und Schirmherr der Krimi Nordica, betonte: Acheng Dong sei ein Überzeugungstäter, ein philosophischer Regisseur. In dem Film treffen ein Dieb und ein alter arbeitender Mann aufeinander. Dong war extra aus China für die Preisverleihung angereist. Er habe die gesamte Produktion alleine finanziert – „ich bin jetzt ein armer Mensch“. Die 2000 Euro Preisgeld kamen daher wie gerufen. In der Gunst des Publikums, das bei zwei Filmnächten in Itzehoe und Glückstadt aus acht nominierten Filmen wählen konnte, lag Alexander Reschs „Der rote Punkt“ vorn.
Mit Show-Beiträgen sorgten Richard Rossbach, Stephanie Ebel, die „Helden der Nation“, das Fanfaren-Corps Nortorf und Tänzerinnen der Tanzschule Kathrin Giesen für mörderische Unterhaltung. Aber darf man das alles überhaupt – das Verbrechen feiern, nur einen Tag nach den schrecklichen Attentaten in Paris? Ja, hatten die Verantwortlichen nach einer Krisenkonferenz beschlossen. „Wir wollen eine strikte Linie ziehen zwischen dem, was in Paris passiert ist, und der reinen Fiktion, um die es bei der Krimi Nordica geht“, betonte Moderator Thomas Claaßen. Wenn man solche Veranstaltungen absage, hätten die Attentäter erreicht, was sie wollen, sagte Stadtmanagerin Lydia Keune-Sekula hinterher. Sie war „super zufrieden“ mit der Award-Verleihung, die den Abschluss nach mehr als 70 Einzelveranstaltungen des Krimifestivals bildete.