Die Ratten sind los – das Amt ordnet eine dreimonatige Bekämpfung der Nager im gesamten Stadtgebiet an. Nur Experten dürfen Gift auf Grundstücken auslegen.
„Überall sieht man Ratten entlang huschen. Manchmal liegt ein totes Tier auf der Straße oder auf dem Bürgersteig.“ Seit rund zwei Jahren kämpft ein Gewerbetreibender in der Kellinghusener Hauptstraße gegen die Nager. „Seit einem Jahr haben wir regelmäßig einen Kammerjäger hier und das Problem im Griff. Aber es reicht nicht, wenn ein einzelner das Problem angeht, da müssen alle ran.“ Das sieht auch das zuständige Ordnungsamt so. Auf dem Schreibtisch von Leiter Lars Kiepert häufen sich die Meldungen über Ratten auf Grundstücken der Störstädter. Das Amt hat deshalb für das gesamten Stadtgebiet eine „allgemeine Bekämpfung der Ratten“ angeordnet. Insgesamt drei Monate – noch bis 18. August – sind Schädlingsbekämpfer im Einsatz, um die Plage in den Griff zu bekommen.
Es sei das erste Mal, dass sich die Nager derart extrem im Stadtgebiet ausbreiten, so Kiepert. „Ursache ist vermutlich ein massives Rattenvorkommen in einer ehemaligen Ruine in der Hauptstraße, die im vergangenen Jahr abgerissen worden ist. Die Ratten haben sich dann eine neue Bleibe gesucht.“ Dieser Zusammenhang könne zwar nicht bewiesen werden, dafür spräche aber, dass sich kurz nach dem Abriss ein Gewerbetreibender aus der selben Straße wegen eines Rattenproblems beim Ordnungsamt meldete. Auch andere Betriebe aus der Hauptstraße waren betroffen. „Mittlerweile habe ich Meldungen von Grundstücksbesitzern aus mehreren Straßen in der Stadt bekommen, die aber nicht zusammenhängen. Deshalb müssen wir aktiv werden“, erklärt der Ordnungsamtsleiter.
Punktuelle Bekämpfungen auf einzelnen Grundstücken brachten nicht den gewünschten Erfolg. „Hinzu kommt die Tatsache, dass Ratten ein Jagdrevier von einer Größe von zirka eineinhalb Kilometern haben. Das bedeutet, dass das Stadtgebiet leider fast komplett betroffen sein dürfte“, verdeutlicht Kiepert. Das sind rund 3500 Grundstücke, die Schädlingsbekämpfer in den kommenden drei Monaten abarbeiten müssen. Denn bei der Rattenbekämpfung dürfen nur Profis ran, wie Kiepert ausdrücklich betont: „Ich höre oft die Frage, ob man nicht selbst in den Baumarkt gehen kann, um Rattengift zu kaufen und es auszulegen. Diese Mittel wirken aber nicht oder zu langsam.“ Nach dem Infektionsschutzgesetz dürfen nur Mittel und Verfahren angewendet werden, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in eine entsprechende Liste aufgenommen worden sind. „Diese Gifte dürfen nur sachkundige Personen verwenden: Das bedeutet, dass jeder Grundstückseigentümer im Stadtgebiet, der nicht selbst an einer entsprechenden Schulung teilgenommen hat, einen Schädlingsbekämpfer beauftragen muss“, erklärt Kiepert.
Wenn Experten den Tieren zu Leibe rücken, müssen sich Haustierbesitzer und Familien mit Kindern keine Sorgen machen, wie Thomas Pröll, Schädlingsbekämpfer aus Hohenlockstedt erklärt: „Wir stellen gezielt Sicherheitsköderboxen auf, die im Boden oder an der Wand fixiert werden.“ Diese Boxen seien so konstruiert, dass Katzen, Hunde oder auch Kleinkinder nicht an das Gift gelangen können. „Es handelt sich dabei nicht um Akkutgift, sondern das Mittel wirkt erst nach 32 bis 36 Stunden“, so Pröll. „Sonst würde das vergiftete Tier die anderen warnen.“ Die Nager seien zwar gefräßig, aber auch misstrauisch. „Die Tiere müssen sich erst zwei bis drei Tage an die Box gewöhnen, bevor sie daraus fressen. Deshalb kontrollieren wir auch erst nach sieben bis zehn Tagen, ob die Bekämpfung Erfolg hatte“, sagt Pröll.
Grundstückseigentümer tun gut daran, den Kammerjäger zu informieren. Denn die Schädlinge können Krankheiten wie beispielsweise Tollwut oder den Norovirus übertragen. Speichel und Ausscheidungen sind infektiös. „Wenn Ratten in Sandkästen urinieren und Kinder den Sand in den Mund stecken, kann das eine Hirnhautentzündung auslösen“, warnt Pröll.
Die toten Ratten sollten deshalb nicht mit der bloßen Hand entsorgt werden, warnt Kiepert. Denn die Grundstückseigentümer sind auch verpflichtet, die Kadaver zu entsorgen. „Man kann sie entweder im Hausmüll entsorgen oder einbuddeln.“ Das Ordnungsamt kündigt Kontrollen an und empfiehlt, Nachweise über die Beauftragung und die durchgeführte Bekämpfung bereitzuhalten. Wer die Anordnung missachtet, dem droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu 25 000 Euro.
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