Filmemacher Michael Söth feiert mit kultverdächtiger Online-Krimikomödie Premiere
Zwei ältere Hamburger Polizisten werden aus ihren Revieren in die norddeutsche Tiefebene versetzt. Das Leben in Kollmar mit all seinen leicht bizarren Einwohnern trifft die „Deichbullen“ Hartmut Paulsen und Klaus „Kiez“ Kante mit geballter Wucht. „Das sind zwei Hamburger auf dem Land. Für die ist das da alles idiotisch“, sagt der Elmshorner Filmproduzent Michael Söth (49) über die Handlung seiner frei produzierten ersten norddeutschen Online-Krimikomödien-Serie. Ab heute Abend um 18 Uhr sind die ersten beiden von den zehn Folgen der ersten Staffel auf Youtube zu sehen.
„Zum Anfang ist es komisch. Je länger die ,Deichbullen‘ in Kollmar sind, desto mehr merken sie, dass die Dorfbewohner etwas skurril sind. Und plötzlich verschwinden Menschen“, kündigt Söth an. Jede Folge dauert fünf bis sechs Minuten. Jeden Freitag gehen ab 18 Uhr zwei weitere Folgen online.
„Die Stimmung beim Dreh? Die war super“, sagt Söth über die zehn Drehtage der „Deichbullen“ im April. „Wir haben extrem viel gelacht. Einige Szenen waren so albern, dass wir sie rausschneiden mussten“, so Söth. „Aber das ist der Vorteil von frei produziertem Film – man kann Sachen ausprobieren. Einfach mal improvisieren. Das lockert die Stimmung.“ Trotzdem stellt er klar: „Wir waren jeden Tag 12 bis 15 Stunden auf den Beinen. Man bekommt wenig Schlaf. Das muss durchgezogen werden.“
Auch kleine Pannen bleiben da nicht aus. So seien an einem Drehtag zahlreiche Kollmaraner Komparsen vor Ort gewesen, bereit, für eine Filmszene aus einem Reisebus zu steigen. „Doch wir haben die Zeit verdaddelt. Dann sind die Komparsen abgehauen“, sagt Söth. Nur vier von 30 seien geblieben. Inzwischen kann er darüber lachen.
Sehr viel Unterstützung gab es für Söth von den Einwohnern Kollmars. „Inzwischen kommen sie schon mit einigen Ideen für die zweite Staffel“, sagt er. Auch im Rathaus und in der Polizeiwache Elmshorn habe Söth unkompliziert drehen dürfen. „Den ,Deichbullen‘-Titel haben sie mit Humor aufgefasst.“
Söths Darsteller haben bereits „Namen im Hamburger Raum“. Beispielsweise habe Deichbulle Reverend Christian Dabeler bereits Anfang der 1990er-Jahre mit Rocko Schamoni für die Amateur-Kurzfilme „Rollo Aller“ vor der Kamera gestanden. Sein Kollege René „Chucker“ Chambalu sei Musiker der Band Rockhouse-Hamburg. Für die zweite Staffel hat Söth bereits die Schauspieler Andreas Elsholz, Eva Habermann und Tetje Mierendorf an der Angel. Gedreht werde eine zweite Staffel laut Söth auf jeden Fall – spätestens bis zum Frühjahr 2016. Dann erst erfolgt die Auflösung des Falls der „Deichbullen“.
„Eigentlich war es als Serie für den NDR gedacht“, erläutert Söth, der zuvor bereits zwei Filme an den Sender verkaufen konnte. Doch letztendlich habe die Serie nicht ins Konzept des Senders gepasst. „Wir mussten uns etwas anderes einfallen lassen. Wir wollten das Projekt nicht sterben lassen. Es war zu cool“, sagt Söth. So kam die Idee einer Web-Serie auf. „Web-Serien sind absolut im Kommen. Der Markt dafür ist da“, erläutert Söth. In England und den USA sei es Gang und Gebe, dass freie Filmemacher das Internet als Plattform nutzen.
Mit 15 000 Euro Kosten haben Söth und sein Team die Serie produziert. Die reinen Drehkosten lagen bei 1000 Euro am Tag. „Dafür kaufen die beim Tatort gerade mal die Brötchen“, vergleicht Söth. Für seine Serie verzichteten Darsteller und Filmteam auf Lohn und Gage. Schauspieler übernahmen auch die Maske und holten die Verpflegung vom Catering-Service selbst ab. Ein privater Investor unterstützte die Produktion. Alle glauben an die „Deichbullen“. Hat die erste Staffel genug Zuschauer und Klickzahlen auf Youtube, hofft Söth, die Serie insbesondere durch die Möglichkeit des Produktplacements interessant für Investoren zu machen – und die „Deichbullen“ langfristig am Leben zu erhalten.
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