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Hallig Gröde Urlaub auf schwimmenden Träumen

Von Eric Gehrke | 23.01.2016, 12:00 Uhr

Die Hallig Gröde bietet Naturerlebnisse zwischen Ebbe und Flut – wodurch der Tourismus funktioniert. Aber für die Zukunft des Eilands fehlt den Bewohnern der eigene Nachwuchs.

Karl Peternell hat für acht Tage auf Gröde seinen Urlaub verbracht. Für den Schweizer eine neue Erfahrung: Anstatt von Bergen und Tälern gab es Wasser soweit das Auge reicht. „Ein im wahrsten Sinne paradiesisches Stück Erde“, beschreibt der in Thun wohnhafte Eidgenosse. Gröde-Appelland, wie es korrekt heißt, ist aus Gröde und Appelland zusammengewachsen. Zwar gehört noch die Hallig Habel zur Gemeinde von Bürgermeister Volker Mommsen, aber diese ist unbewohnt.

Peternell war mit seiner 13-jährigen Enkelin Kerstin auf Gröde. Dort leben neun Einwohner: Monika und Volker Mommsen sowie die Mutter des Bürgermeisters Frieda Mommsen, dessen Bruder Rainer und seine Frau Claudia, Luey Hickmat, Annabelle Fürstenau sowie Sabine und Jürgen Kolk. Die Peternells wohnten bei den Kolks, streiften durch die Natur, beobachteten Vögel, kochten ihre Mahlzeiten, genossen die für Städter ungewohnte Stille und erfuhren Interessantes über das ganzjährige, nicht immer einfache Leben.

Alle Häuser, die auf Warften stehen, haben seit der Flutkatastrophe von 1962 einen Schutzraum, der auf vier Betonpfeilern ruht, die vier Meter im Boden verankert sind. Da es auf Gröde keinen Kaufmann gibt, versenden die Urlauber eine Woche vor ihrer Anreise online eine Einkaufsliste an die Gastfamilien. Die Waren werden dann vom Festland geliefert und befinden sich bei der Ankunft bereits im Kühlschrank.

Theodor Storm bezeichnete die Halligen treffend als schwimmende Träume, rezitiert Karl Peternell Husums bekanntesten Schriftsteller. Auch für ihn bietet Gröde Ruhe und Ursprüngliches. Ein Hallig-Aufenthalt sei für Naturliebhaber eine Bereicherung mit Suchtpotenzial, beschreibt er es. Allerdings gelte nicht nur für ihn, sondern für alle Besucher, dass die wichtigste Bedingung erfüllt werden müsse: „Man muss sich in dieser Einsamkeit selbst aushalten können.“

Besonders auf Gröde ist für den Schweizer auch der wohl größte zusammenhängende Halligfliederbestand an der Schleswig-Holsteinischen-Westküste: Im Juli und August ein lila-blühendes Farbenmeer. Bürgermeister Volker Mommsen sagt dazu aber einschränkend, dass sich durch die hohen Wasserstände die Vegetation etwas umgestellt hätte. „Ob es noch der größte ist, kann ich nicht sagen“, erklärt der Gemeinde-Chef. Aber groß sei die Fläche immer noch.

Es gedeihen aber auch eine Reihe von Pflanzen, die salzwasserverträglich sind. Das Watt ist wichtiger Rastplatz für zahlreiche arktische Zugvögel, die dort eine reichhaltige Speisekammer im Schlickboden und auf den Salzwiesen vorfinden. Besonders eindrücklich sei zudem die Vielfalt der fliegenden Gäste im Frühjahr und Herbst: Zwischen 5000 und 10.000 Ringelgänse, Austernfischer, Eiderenten, Graugänse, Weißwangengänse, Knutts, Alpenstrandläufer und Möwen besuchen die Hallig jährlich, erklärt Mommsen.

Da besonders die Gänse die Gräser der Grünflächen abweiden, gibt es für Rinder zu wenig Futter, so dass nur Schafzucht möglich sei, sagt der Bürgermeister. Zwei Betriebe auf Gröde züchten, zwei weitere unterhalten eine Pensionsvieh-Haltung. „Die Schafe begrasen dann für eine Weile die Hallig“, erklärt Volker Mommsen, der selbst Pensionsvieh-Halter ist.

Als zusätzliche Erwerbsquelle leisten drei Halligbewohner vom Land entlohnte Küstenschutzarbeiten. Eine Familie führt einen Kiosk. Und als wichtiger Nebenerwerb gilt der Tourismus. Bei zwei Familien stehen je drei komfortabel eingerichtete Wohnungen zur Verfügung.

Laut Mommsen ist ein großes Problem auf Gröde, dass es derzeit keine Kinder gibt, somit auch die Grund- und Hauptschule ruht. Vor 35 Jahren gab es eine ähnliche Situation, bis Monika und Volker Mommsen auf das Eiland zogen und ihre eigenen Kinder die dortige Schule besuchten.

Die vier Gebäude auf der Knudswarft sind bewohnt. Jedoch sind sich alle Einwohner im Klaren, dass sie gefordert sind, für ihre Betriebe Nachfolger zu finden: „Infrastrukturen müssen daher geschaffen werden oder erhalten bleiben“, betont Mommsen, damit es sich auch finanziell lohnt auf Gröde zu leben. Um Urlauber müssen sich die Halliglüüd aber keine Sorgen machen. Der Bürgermeister weiß, dass auf ein, zwei Jahre alles in der Hauptsaison vermietet ist. „Lücken gibt es aber trotzdem“, sodass eine Nachfrage unter mommsen-hallig-groede@t-online.de oder sabinekolk@web.de immer lohne.