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Alternative für Husum? Bei Wind und Wetter im Wald spielen

Von arb | 11.05.2017, 12:00 Uhr

Kita-Plätze in Husum sind weiterhin Mangelware. Das Konzept einer alternativen Betreuung im Wald wurde nun im Sozial- und Jugendausschuss vorgestellt.

Der Mangel an Krippenplätzen ist ein Dauerthema im Sozial- und Jugendausschuss. Die Zahl der Kleinkinder in Husum steigt, die Kita-Plätze reichen nicht mehr aus. Seit Monaten sucht die Stadt nach Ausbaumöglichkeiten und Alternativen. Auf der jüngsten Sitzung wurde nun die Idee einer Natur- und Waldgruppe vorgestellt.

„Das ist keine Notlösung, sondern ein alternatives Konzept“, sagte der Geschäftsführer des evangelischen Kindertagesstättenwerks, Christian Kohnke, voller Überzeugung. Bundesweit gebe es mehr als 1000 Kitas mit diesem Konzept, in Schleswig-Holstein seien es 110 Krippen plus 35 Waldgruppen. Die alternative Kita ist an fünf Tagen in der Woche draußen – bei Wind und Wetter. „Nur bei Hagel, Starkregen oder Sturm muss eine Schutzunterkunft bereitgestellt werden“, erklärt Kohnke. Die müsse allerdings nicht zu Fuß vom Wald erreichbar sein.

Gewisse Grenzen sieht aber auch der Kindertagesstättenwerks-Chef. Im Winter sei es noch dunkel, wenn die Kleinen im Wald einträfen. Alternativ könne man auch eine Kooperation mit einem Kindergarten eingehen, sich morgens in dessen Räumen treffen und dann weiterziehen. Bleibt die Frage: Was ist, wenn ein Kind mal zur Toilette muss? „Dafür gibt es einen Klappspaten“, sagt Kohnke. „Für die Kinder kein Problem. Nur im Winter ist von einem Schneeanzug abzuraten.“ In der Wald-Kita gebe es vormittags ähnliche Rituale und Regeln wie in anderen Krippen. Es müsse sich nur mit anderen Mitteln geholfen werden. So wüschen sich die Kinder mit Lava-Erde die Hände.

Die empfohlene Größe für eine Natur- und Waldgruppe ist, dass 15 Krippenplätze auf zwei Erzieher kommen, berichtete Kohnke. Auf den ersten Blick scheine das Konzept kostengünstiger zu sein, da keine Gebäudekosten für die Gruppe entstehen. „Allerdings müssen mehr Personalkosten auf weniger Kita-Plätze berechnet werden“, gibt der Referent zu bedenken. Ein Vorteil: Eltern, die sich für dieses pädagogische Konzept entscheiden, stünden auch dahinter, so Kohnke. „Auf meinem ersten Elternabend waren 21 Leute von 18 Kindern da. Eine solche Quote gibt es sonst nie.“

Und wie geht man mit Müll im Wald um? Nach drei Jahren in der Natur habe der Nachwuchs ein ökologisches Denken verinnerlicht, ist Kohnke überzeugt. Dass Kinder aus Wald-Kitas bei der Einschulung nicht in der Lage seien, 45 Minuten ruhig zu sitzen, bezweifelt er: „Wenn Kinder drei Jahre lang ihr natürliches Bedürfnis, sich zu bewegen, auskosten können, haben sie kein Problem damit.“

Der Käte-Reiners-Kindergarten wollte bereits 2014 eine solche Waldgruppe in sein Programm aufnehmen. „Damals war der Bedarf an Kita-Plätzen jedoch gedeckt“, erklärt Leiterin Susanne Hermerding. Ihre Kollegin Kirsten Thomsen-Kirsch erklärt das entwickelte Konzept: Die Kindheit habe sich verändert. Heute sei sie von Smartphones und Computerspielen geprägt. Draußen toben und im Matsch spielen komme in der heutigen Zeit zu kurz. Der Wald biete viele Anlässe zur Bewegung, die Kinder hätten weniger Langeweile. „Im Wald ist jeder Tag anders“, so Thomsen-Kirsch. „Hier können sich Kinder frei entwickeln und von den Natur inspirieren lassen.“

In der Ausschuss-Sitzung wurde das Konzept zunächst nur vorgestellt, damit die Mitglieder sich etwas unter dem Begriff vorstellen können. Grundsätzlich könne eine solche Waldgruppe zu jeder Jahreszeit starten, so Kohnke: „Mit Blick auf die Temperaturen wäre es allerdings wünschenswert, im Sommer damit zu beginnen, damit sich Kinder und Eltern an den Ablauf gewöhnen können.“

Am 15. Juni trifft sich übrigens erstmals eine Projektgruppe, die Bedingungen für den Bau einer ganz neuen Kita erarbeiten soll. Zudem hat die Stadt Kontakt mit dem Bundesverteidigungsministerium aufgenommen, um die Kinderbetreuung in der Fliegerhorstkaserne auszubauen, berichtete Axel Fischer aus dem Hauptamt.