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jagel Jungregisseur im Auftrag der Integration

Von Anna Kahlen | 16.07.2011, 06:58 Uhr

Der 18-jährige Schüler Hamed Salman Chaudhry aus Jagel wurde mit seinem Kurzfilm Dritter beim "Com.mit Award" von RTL

Ein junger Mann sitzt in einem Imbiss, schaut auf den Fernseher, der über der Getränkevitrine hängt. "RTL aktuell" läuft. "Wir beginnen mit einem Satz, der für Diskussionen sorgt", sagt Moderator Peter Kloeppel. "Auch der Islam gehört inzwischen zu Deutschland." Mit jenen Worten hatte Bundespräsident Christian Wulff am 3. Oktober 2010, dem 20. Jahrestag der Deutschen Einheit, die Debatte über die Integration von Moslems neu angeheizt. Plötzlich spricht der junge Mann, der die Nachrichten verfolgt hat: "Ich heiße Hamed Salman Chaudhry. Ich bin 18 Jahre alt und bin zwar hier in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber meine Eltern kommen aus Indien. Meine Religion ist der Islam." Er fragt: "Gehöre ich deswegen nicht zu Deutschland?"

Der Kurzfilm "Ankerwurf im Hafen Deutschland" ist knapp zehn Minuten lang. Er greift das Thema "Integration" auf. Produziert wurde er von einem seiner Darsteller: Hamed Salman Chaudhry. "Ich habe versucht, aus meiner Sicht zu schildern, wie Integration gelingen kann." Hamed wohnt in Jagel, geht in die 11. Klasse des Schleswiger Berufsbildungszentrums (BBZ). Mit seinem Film wurde er Dritter beim "RTL Com.mit Award", ein bundesweiter Integrationspreis für Schüler, den der Sender einmal im Jahr vergibt. Am 27. Juni nahm Hamed seine Auszeichnung in Berlin entgegen. "Als bei der Preisverleihung mein Name fiel, fühlte ich größte Dankbarkeit - gegenüber Gott und allen, die mir geholfen haben. Ich war sprachlos", sagt der Schüler. Er habe "das alles" nicht erwartet, "auch nicht, dass mich plötzlich Politiker anschreiben. Aber das ist toll". Nach der Preisverleihung wurde er von Frank-Walter Steinmeier nach Berlin eingeladen, und weitere Politiker schickten ihm Nachrichten, etwa Claudia Roth. Sogar der Sekretär des Bundespräsidenten habe sich gemeldet.

Hamed gibt in seinem Kurzfilm, der in Jagel, Schleswig und Flensburg gedreht wurde, viel aus seinem Leben preis. "Mein Vater ist vor etwa 30 Jahren nach Deutschland gekommen und hatte zuerst Probleme, die Sprache zu erlernen und sich an die deutsche Kultur zu gewöhnen. Aber er hat sich als deutscher Staatsbürger eingelebt und sieht dieses Land jetzt als seine Heimat." In einer Szene kommt Hamed in eine neue Klasse, wird dort aufgrund seiner Herkunft ausgegrenzt - zum Glück nur ein Albtraum, denn die Realität ist ganz anders: "Meine Mitschüler akzeptieren und respektieren mich so, wie ich bin." Viele spielen in dem Kurzfilm sogar mit.

In seinem Beitrag betont Hamed, wie wichtig Bildung für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist. "In meiner Familie hat Bildung eine große Bedeutung. Meine Brüder studieren, meine Schwester macht dieses Jahr ihr Abitur: Das ist unsere Antwort auf Sarrazin."

Auf den Wettbewerb aufmerksam wurde er durch einen Werbe-Spot auf RTL. n Zu Hause in Jagel habe er dann ein sogenanntes Storyboard entworfen und online bei RTL eingereicht. Hamed kam ins Finale, und sein Konzept wurde mithilfe eines Teams von RTL Nord verfilmt. Bei der Umsetzung unterstütze ihn auch das Team von "Islam im Brennpunkt", eine Sendung, die Hamed seit Februar mit seinen Brüdern produziert. Sie wird einmal im Monat über den Offenen Kanal Flensburg gesendet. "Damit möchten wir zeigen, dass der Islam, wie wir ihn verstehen, friedlich ist."

Mit seinem Beitrag, sagt Hamed, habe er zeigen wollen, "dass Religion nicht zwangsläufig ein Integrationshindernis sein muss, im Gegenteil: Sie kann integrationsfördernd sein". Als Dritter durfte er an einem Workshop an der RTL-Journalistenschule teilnehmen. Außerdem dürfen alle Finalisten ein Praktikum bei dem Sender machen. Durch den Wettbewerb weiß Hamed jetzt, dass er nach dem Abi Journalismus studieren will. Eines ist ihm aber nicht erst seit seiner Auszeichnung klar: "Auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, lautet meine Antwort ,ja - obwohl ich finde, dass wir uns solche Fragen nicht stellen sollten, denn damit denkt man über die Ausgrenzung einer Gruppe nach."