Ratsversammlung bringt einstimmig einen Prüfauftrag für einen gemeinsamen Krankenhausneubau in Flensburg auf den Weg
Nach teilweise langatmigen und polemischen Diskussionen um eine Woche Beflaggung mit der Regenbogenfahne (mit 24 gegen 10 Stimmen beschlossen) sowie die Einführung von Tonaufzeichnungen in den Ausschüssen (mit fünf Stimmen gegen 29 abgelehnt) wurde es gestern Abend im Rat beim Thema Krankenhaus Planung selten einmütig. Mit den Stimmen aller sieben Fraktionen sowie der engagierten fraktionslosen Klinik-Expertin Susanne Rode-Kuhlig votierte der Rat einstimmig nicht nur – nach der Diako – auch für Baurecht für das St. Franziskus. Ebenso ohne Gegenstimme wurden zwei Ergänzungsanträge beschlossen, die unter anderem die Grundstücksoptionen für einen gemeinsamen Neubau von Diako und Maltesern benennen sollen mit dem Ziel, innerhalb von zwei bis drei Jahren eine bebauungsfähige Fläche zu haben. Das gesamte Verfahren soll eng mit Ministerium und den beiden Trägern abgestimmt und so gestaltet werden, dass eine Gefährdung der Landesförderung ausgeschlossen ist.
Nachdem am Dienstagabend erste Zahlen über die Kosten eines Klinikneubaus (220 bis 2230 Millionen Euro) sowie mögliche Förderungsrückzahlung und Abschreibungen beider Krankenhäuser (mindestens 82 Millionen) debattiert wurden, ergriff Oberbürgermeisterin Simone Lange gestern Abend im Ratssaal die Chance, die Unwägbarkeit der Finanzplanung zu überschlagen. Angesichts von 250 000 Euro pro Bett koste ein Standardkrankenhaus der aktuellen Größe mit 800 Betten 200 Millionen Euro, plus zwölf Millionen Euro für 120 Betten der Psychiatrischen Tagesklinik – womit die Standardklinik mit 212 Millionen Euro zu Buche schlage: „Wir sind aber kein Standardkrankenhaus“, erklärte Lange und zählte drei Beispiele auf – Strahlentherapie, Stammzellentherapie und Perinatalzentrum. In der Kalkulation fehlten darüber hinaus 58 Millionen Euro Förderung, die womöglich zurückgezahlt werden muss – plus Abschreibungen beider Häuser. Eine offene finanzielle Frage sei auch das Grundstück: „Das sind sechs Punkte, die noch nicht bezifferbar sind.“
Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Helmut Trost den Antrag aller sieben Fraktionen eingebracht: „Wir befinden uns vor einer ganz entscheidenden Weichenstellung für die Stadt und die Region“, sagte er. Es gehe neben Investitionen und Landesförderung um ganz viele Arbeitsplätze. Beide kirchlichen Träger haben zusammen in Flensburg rund 4000 Beschäftigte – rund zehn Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in der Stadt: „Die Stadt wäre nicht das Flensburg, das wir kennen, wenn wir nicht unsere Krankenhäuser hätten.“ Doch warnte Trost: Die Planung dürfe keine Endlosschleife werden, klare Zeit- und Zielvorgaben seien erforderlich. Ziel seien bessere Arbeitsbedingungen für das Krankenhauspersonal und bessere Versorgung für die Patienten. Zu mehreren Grundstücksoptionen gehöre der Landeplatz Schäferhaus, aber auch ein Gebietstausch mit der Nachbargemeinde Handewitt.
Unverrückbare Verfahrensbedingung sei eine enge Abstimmung mit Kliniken und Ministerium. Es müsse sichergestellt sein, dass der Klinikstandort vollständig erhalten bleibt.
CDU-Chef Arne Rüstemeier bezeichnete die Initiative nach dem Abend mit 300 engagierten Teilnehmern in der Bürgerhalle als „medizinisch geboten“. Jetzt gehe es darum, ein Grundstück binnen drei Jahren baureif zu machen. Bis November müsse man sich auf einen Standort festlegen: „Das ist kein einfacher Weg“, findet Rüstemeier. Über konkrete Standorte wollte er gestern allerdings noch nicht diskutieren. Noch sei jede Standortdiskussion kontraproduktiv: „Es gibt mehrere Standorte, die ich für sinnvoll halte.“ Dann nannte Rüstemeier eine Reihe von Vorteilen bei einem Neubau: Er rechne mit der Hälfte der Bauzeit, Staub-, Lärm- und Brandschutz müssten nicht bei laufendem Betrieb gelöst werden, und ein reibungsloser Umzug sei möglich. Außerdem würden 5000 Transporte zwischen den Kliniken pro Jahr überflüssig. Rüstemeier schlug eine Lenkungsgruppe mit Vertretern von Ministerium, Kliniken, Stadtverwaltung und allen Fraktionen vor.
Auch der frischgewählte Landtagsabgeordnete Kay Richert (FDP) und Erika Vollmer (WiF) lobten den Richtungswechsel als zukunftsorientierte Lösung. Edgar Möller (SSW) erklärte als Gesundheitsausschussvorsitzender: „Wir haben uns immer ein neues Krankenhaus gewünscht.“ Es sei aber jedes Mal um die Restfinanzierung gegangen. Es sei eine große Leistung der Krankenhäuser gewesen, nun die Fördermittel herauszuholen.
Allein Florian Matz (SPD) schlug kritische Töne an: Er sehe die Gefahr eines Standorts außerhalb der Stadt. Und: „Wer bringt das Geld, das fehlt?“