
Projekt von 20 Uni-Studenten eröffnet die Diskussion über eine Fußweg- und Fahrradstrecke zwischen Südstadt und Hafen
Was Generationen von Stadtpolitikern nicht gelungen ist, hat eine Studentengruppe gerade im Uni-Seminar erarbeitet: Rund 20 Teilnehmer des Studiengangs Energie- und Umweltmanagement (EUM) haben konkret untersucht, wie und für wie viel Geld der Bahndamm von der Hafenspitze bis zur Nikolaiallee als Fuß- und Radweg umgebaut und reaktiviert werden könnte. Ihre Potenzialanalyse des rund 2,9 Kilometer langen Bahndamms zwischen Nikolaiallee und Hafenspitze haben sie am Montagabend vor rund 70 Studenten, Anwohnern und Kommunalpolitikern im Audimax vorgestellt. Ihre Botschaft: Ein geteerter Fuß- und Radweg ist auf dem existierenden Damm denkbar, würde nach Erfahrungen ähnlicher Projekt in Kiel und Wasserburg am Inn mit acht Auffahrtsrampen – grob geschätzt – rund eine Million Euro pro Kilometer kosten und würde Radfahrern ab Wilhelminental bis zu neun Ampeln mit einer reinen Wartezeit von fünf Minuten ersparen: „Dann könnte man von Weiche in 20 Minuten zum Hafen radeln“, erklärte EUM-Student Jona Welle, der die Strecke erklärte.
Untersucht hat das gut 20-köpfige Studententeam das komplette stillgelegte Gleisnetz der Hafenbahn – inklusie der Anlagen am Ostufer bis kurz vor Klarschiff und am Westufer bis zum Brauereiweg. Im Kern wird aber der Bahndamm betrachtet, der sich zu beiden Seiten der Hafenspitze Richtung Zob-Kreuzung hochzieht und dann zwischen Johannisviertel und Süderhofenden Richtung NDR-Studio und Deutsches Haus führt. Neben den beiden Auffahrten am Beginn der Dämme zu beiden Hafenseiten sehen die Planer vom Campus Auffahrtsrampen an der Zob-Kreuzung, am Mauseloch, Angelburger-, Heinrich- und Bahnhofstraße sowie Munketoft und Nikolaiallee vor.
Am problematischsten sei eine Zufahrt an der Angelburger Straße, erklärten Welle und Linus Petersen, der das Projekt technisch erklärte: Bei fünf Prozent Steigung brauche man hier eine 80 Meter lange Rampe, um die vier Meter Höhenunterschied zu überwinden. Bevor der Bahndamm eine Teerdecke bekommen kann, müsse nach dem Roden der Oberbau samt Schienen abgetragen werden. Auch an den Brücken würden garantiert Sanierungsarbeiten erforderlich werden.
Auf der Vorschlagsliste Technik stehen auch LED-Leuchten für den Bahndamm, Zäune bei Mitsubishi und an der Bahn auf Höhe Nikolaiallee sowie Sichtschutz für Anwohner. Anja Wilken schlug vor, die Brücken bunt zu bemalen, da dies Aufmerksamkeit errege. Gewinne man 700 Umsteiger vom Auto auf den Dammradweg, vermeide das rechnerisch 640 000 Autokilometer pro Jahr.
Eine Umfrage unter 1350 Studenten und Bürgern sowie allen Klimapaktmitgliedern legte die Gruppe auch vor. Ergebnis: Gut die Hälfte der Befragten gaben an, häufiger aufs Rad zu steigen, wenn es einen Bahndammradweg gäbe.
Den Wechsel vom Bahndamm auf die Straße vollziehen die Studenten am nördlichen Abschnitt der Nikolaiallee in der Nähe des Mitsubishi-Geländes. Die Nikolaiallee (ab Wilhelminental) schlagen die Studenten als Fahrradstraße vor, auf der Autofahrer dann Rücksicht nehmen müssten. Auch solle die Radwegverbindung von der Nikolaiallee zur Brücke Lilienthalstraße als Verbindung nach Weiche verbessert werden.
„In Kiel hat es zehn Jahre bis zur Umsetzung gedauert“, berichtete Dozentin Hannah Köster. In der Tat bezeichnet die Stadt Kiel den Bau der „Veloroute 10“ auf der Trasse des Gütergleises West für die nächsten Jahre als wichtigste Radverkehrsmaßnahme auf dem Westufer. Die Route soll die Uni im Norden mit dem Stadtteil Hassee verbinden. Der erste Abschnitt ist seit 2013 befahrbar. Kosten: Rund eine Million Euro pro Kilometer bei vier Kilometern Länge, gefördert aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Kiels Stadtsprecher Joachim Kläschen nennt folgende Vorteile: „Keine Steigung, keine Kreuzungen, keine Stopps.“ Allerdings sei das Bauen auf und mit Brücken auch teurer. „ Für Kiel überwiegen die Vorteile, auch weil wir uns als Fahrradstadt verstehen“, sagt Kläschen.
Flensburgs Planungsausschussvorsitzender Axel Kohrt war so angetan von der Arbeit der Studenten, dass er sie für 21. März in sein Gremium einlud, um die Analyse vorzustellen. Bürgermeister Henning Brüggemann erklärte: „Die Diskussion ist eröffnet.“