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Lübeck Bernt Notke ist jetzt verschwunden

Von Karin Lubowski | 19.08.2011, 09:14 Uhr

Aus der Bernt-Notke-Realschule wird heute die Julius-Leber-Schule / Die Erinnerung an einen großen Künstler der Stadt verblasst

Das hat man auch nicht alle Tage: Eine Schule, die den Namen eines berühmten Lübeckers trägt, wird nach einem anderen berühmten Sohn der Stadt umbenannt. Heute wird am

Marquardplatz der neue Name des 107 Jahre alten Schulgebäudes gefeiert: Aus der Bernt-Notke-Realschule ist dann die Julius-Leber-Schule geworden. Das Andenken in der Stadt an einen der bedeutendsten Lübecker Maler und Werkstattleiter wurde bis 2009 allein durch den Namen "Bernt-Notke-Realschule" bewahrt. Damit ist seit heute Schluss: Der Name Bernt Notke kommt im Stadtbild nicht mehr vor.

Es ist ein Schulgebäude wie es im Buche steht: ein großer grauer Klotz, vollgepackt mit Tradition, Kreidestaub und Schülerkarrieren. Eröffnet wurde die Lehranstalt 1904, seit 1934 hieß sie Bernt-Notke-Realschule, benannt nach einem Mann, der in Lübeck wie im gesamten Ostseeraum präsent, aber nicht zu fassen ist. Gesicherte Erkenntnisse über Meister Notke passen rund 500 Jahre nach seinem Tod auf einen Bierdeckel: Belegt ist, dass er um 1435 in Lassan an der Peenemündung geboren ist und vor dem 12. Mai 1509 in Lübeck starb. Sicher ist auch, dass das prachtvolle Triumphkreuz im Lübecker Dom von 1477 und die Malerei auf dem Schonenaltar (um 1480) im St. Annen-Museum von ihm oder zumindest aus seiner Werkstatt stammen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist Notke auch Schöpfer des fast 30 Meter langen Lübecker Totentanzes, der im nördlichen Querschiff der Marienkirche untergebracht war. Wie und wo Notke lebte, bleibt im Dunkeln. Vor zwei Jahren noch feierte die Hansestadt den 500. Todestag ihres großen wie geheimnisvollen Meisters - es war aber auch das Jahr schulischer Umgestaltungen, in dem die Bernt-Notke-Realschule mit der nach Bürgermeister Heinrich Brockes (1706-73) benannten Grund- und Hauptschule fusionierte.

Ein Neuanfang braucht einen neuen Namen - und so einigte sich die Schulkonferenz auf Julius Leber als Namenspatron. "Erziehung braucht Leitbilder!", heißt es in der Begründung. Leber, 1891 in ärmlichen Verhältnisse im Elsaß geboren, kam 1921 kam als Redakteur des "Lübecker Volksboten", für den Anfang der 30er Jahre auch der Schüler Willy Brand schrieb, an die Trave, später wurde er dessen Chefredakteur. Ebenfalls 1921 wurde er SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, 1924 auch Reichstagsabgeordneter für Lübeck, trat kompromisslos für die Rechte der Arbeiter ein und bot der nationalsozialistischen Barbarei die Stirn. Schon 1933 wurde er das erste Mal verhaftet und nach 18 Monaten Gefängnis bis 1937 in den KZ Esterwegen und Sachsenhausen festgehalten. Er blieb im Widerstand, kam in Kontakt zum Kreis um Gördeler, von Moltke, Stauffenberg. Einer neuerlichen Verhaftung folgte 1944 ein Schauprozess und am 5. Januar 1945 die Hinrichtung.

"Der Schulname ,Julius-Leber-Schule verpflichtet alle am Schulleben Beteiligten, sich mit dieser großen Persönlichkeit auseinander zu setzen und sich an seiner Haltung zu orientieren", heißt es auf der Homepage der Schule. Dennoch bleibt ein Funken Wehmut: An Bernt Notke erinnert seit der Umbenennung nur noch das Kleingedruckte auf den Täfelchen zu seinen Werken. Nach Julius Leber ist immerhin auch eine Straße benannt.