Tipps vom Sternekoch Hummer Thermidor – warum ist er rot und woher stammt sein Name?

Von Dirk Buchardt | 13.07.2022, 14:00 Uhr

Nun haben wir schon über 30 Folgen unserer Sternekoch-Serie produziert … Aber Hummer, den hatten wir noch nie auf dem Tisch. Das wird sich jetzt mit André Münch ändern – und wir klären auch, was ein Protein und ein Theaterstück mit dem Klassiker zu tun haben.

Diesen Artikel jetzt anhören:

Knallrot als Highlight jedes Gala-Buffets oder – wie heute bei uns – als „Thermidor“. Überall ist der Hummer ein absoluter Hingucker. Aber da ist mehr als nur die Optik: Das edle und nicht ganz billige Schalentier schmeckt köstlich und wird von André Münch durch ein paar Raffinessen weiter veredelt.  „Thermidor royal“ schwärmen die einen, der Sternekoch selbst nennt es schlicht „Thermidor nach Münch-Art“.

9 Gusto-Pfannen – Münch verteidigt Topbewertung von Restaurantkritiker

Vor gut einer Woche erst hat er mit seinem „Butt“ in Hohe Düne beim Restaurantkritiker Gusto die Topbewertung „9 Pfannen“ verteidigt – und damit auch seine Stellung als bester Spitzenkoch Mecklenburg-Vorpommerns. Mitnichten ein Selbstläufer angesichts der aktuellen Situation in der Gastronomie, der noch anhaltenden Corona-Pandemie und einem einschneidenden Personalwechsel.

Hier finden Sie alle Folgen unserer „Sterneküchen“-Serie

Das Gericht an sich ist nicht sehr kompliziert. Die frischen schwarz-blauen Hummer aus der Bretagne, jeweils 450 bis 500 Gramm schwer, kommen in sprudelnd kochendes Wasser. „Um zusätzlich die Oberflächenspannung zu lösen , gebe ich Essig hinzu“, erklärt Münch. Während des dreiminütigen Kochens wird das Krebstier knallrot.

Beim Kochen verändert sich Eiweiß - der Hummer färbt sich knallrot

Was geht da vor? Auch ein Hummer trägt das Farbpigment Astaxanthin in sich. Es ist jedoch durch ein Eiweiß gebunden. Dadurch – und das ist für den Hummer unter Wasser zur Tarnung natürlich auch gut so – wird Rot nicht reflektiert, sondern eher der dunkle blaue und grüne Lichtanteil. Erst beim Kochen verändert sich das Protein, das freiwerdende Astaxanthin „schluckt“ nun Blau und Grün, schickt aber den Rotanteil zu uns zurück. Und der Hummer sieht lecker aus.

Per Messer flink wie mit OP-Besteck: Dr. Kristina Lenz kochte mit

Nach kurzem Abschrecken in kaltem Wasser werden die Tiere gleich der Länge nach aufgebrochen und das Fleisch in Stücke geschnitten. Hobbyköchin Kristina Lenz, die uns diesmal in die Yachthafenresidenz begleitete, wagt sich an diese Schritte. Präzise und schnell setzte die Oberärztin von Helios in Schwerin – vielen von ihnen sicher noch aus ihrem „Klinik-Tagebuch“ während der Corona-Pandemie bekannt – das Messer an wie sonst ihr OP-Besteck. André Münch schaute sichtlich zufrieden zu …

An dieser Stelle ein kleiner Tipp: Man kann vom Hummer sehr viel verwerten, nicht nur die Karkassen für eine Soße. So lässt sich das Fleisch auch aus den dünneren Beine herausdrücken, indem man mit einem Eisen mit Druck drüberrollt. Münch: „Das kann man prima für z.B. Ravioli oder kleine Cocktails oder für morgens auf’s Toast verwenden.“

Noch herrlicheres Fleisch befindet sich in den Scheren-Beinen, durch die Gelenke allerdings ist das Knacken eine wacklige Angelegenheit. Wie das trotzdem relativ einfach gelingt, verrät der gebürtige Ruhrpottler hier:

„Thermidor“ großer Theater-Erfolg - Koch Escoffier benannte sein Gericht danach

Seinen Namen soll der „Klassiker“ übrigens von einem Theaterstück über die Französische Revolution haben. So wurde „Thermidor“ 1896 nach einer Spielpause im Théatre de la Porte Saint-Martin in Paris wieder aufgeführt. Unweit davon - am Boulevard de Strasbourg - servierte der berühmte Koch Auguste Escoffier bereits seit Jahren die kulinarische Hummer-Spezialität, die wegen des großen Erfolges des Stücks kurzerhand in „Hummer Thermidor“ umbenannt wurde. Thermidor, der Monat der Hitze, ist übrigens laut französischem revolutionären Kalender der elfte Monat des Jahres (19. Juli – 17. August).

Münch veredelt Füllung mit Mango, Shiitake-Pilzen und Thai-Spargel

Aber genug mit Geschichte, uns läuft langsam das Wasser im Munde zusammen! „Normalerweise schwitzt man für die Füllung Schalotten an, löscht das Ganze mit Cognag ab und macht eine kleine Bechamelle daraus mit etwas Crème fraîche“, sagte der 44-Jährige, fügt aber gleich hinzu: „Wir wandeln das ab, indem wir ein bisschen Mango mit hineingeben für die Frucht. Ein paar Pilze, weil die das Milchige vom Hummer gut unterstützen. Und grünen Thai Spargel, weil der ja knapp noch in die Saison passt...“

Viel Gemüse passt nicht, weil auch das Fleisch hinzugefügt wird. „Die Karkasse ist da schnell wieder voll. Und es soll ja nicht überquellen, sondern schön zu essen sein.“

Nach dem Befüllen wird Käse drüber gegeben und das Ganze in den Ofen geschoben. Wenn er dann schön kross gebacken ist, kann man ihn wunderbar aus der Karkasse essen. Genau das tun wir jetzt auch: „Bon appétit!“

So wird's gemacht – die richtige Zubereitung

Hummer Thermidor „nach Münch-Art“ mit Mango, Thai Spargel & ShiiTake-Pilzen

Rezept für 4 Personen

⊛ 2 Hummer (am besten frisch, sonst auch Tiefkühl-Ware – Fleisch aus Scheren und Schwanz; Corail)
⊛ ½ Mango
⊛ 150 g Shiitake Pilze
⊛ 150 g Thai Spargel
⊛ 100 g Butter
⊛ 150 g geriebener Parmesankäse (oder Peccorino bzw. anderer Hartkäse nach Belieben)
⊛ 250 g Creme Fraîche
⊛ 4 cl Cognac
⊛ 3 Schalotten
⊛ 3 Zweige Dill (fein geschnitten)
⊛ Salz, Pfeffer

Hummer kochen, ausbrechen und in Fleisch in mundgerechte Stücke schneiden. Wenn Corail (Hummerrogen) vorhanden ist, kurz unter fließendem Wasser säubern und mit der Creme Fraîche, Salz und Pfeffer mixen. Die der Länge nach halbierten Hummerkarkassen ebenfalls unter fließendem Wasser säubern und anschließend trocken tupfen. Jetzt eine Pfanne aufstellen und nacheinander die Pilze und den Thaispargel mit der Butter knackig anbraten.

Nun mit etwas Butter die Schalotten in der Pfanne anschwitzen und mit Salz und Pfeffer würzen. Mit dem Cognac ablöschen und den Alkohol wegflambieren. Jetzt die Creme Fraîche mit dem Corail dazugeben und eindicken lassen. Anschießend den Hummer, die Mango, die Pilze und den Spargel zugeben und ganz zum Schluss den Dill. Die Hummerkarkassen mit der Masse füllen, mit geriebenem Käse bestreuen und bei 220°C Oberhitze gratinieren. Gleich heiß servieren und mit etwas frisch gebackenem Baguette und etwas Salat genießen.

Hummer richtig kochen

Wasser in großem Topf zum Kochen bringen. Kräftigen Schuss Essig hinzugeben, um die Oberflächenspannung des Wassers aufzuheben (Wasser wird sprudelnder, flüssiger und Hummer werden schneller getötet). Die Hummer für ca. 3 min kochen, dann in kaltes Wasser geben, damit sie nicht durchgaren. Scheren abbrechen und diese noch einmal 3 min nachkochen. Dann ebenfalls ins kalte Wasser geben. Hummer der Länge nach halbieren und Fleisch vorsichtig auslösen. Den Corail (Hummerrogen, falls vorhanden) wie beschrieben säubern. Scheren und Schwanz nach dem Auslösen in Stücke schneiden.

Noch keine Kommentare