Dreyklufts Netzwelt Schleswig-Holstein verpennt Open Data

Von Joachim Dreykluft | 20.04.2016, 09:47 Uhr

Offene Daten haben ein Milliardenpotenzial, errechnet die Adenauer-Stiftung. An Schleswig-Holstein geht das vorbei.

Zum Thema Internet kursieren viele Schlagworte. Die meisten muss man nicht kennen, eines schon: Open Data.

Gemeint ist damit, dass staatliche Institutionen, aber durchaus auch Firmen oder Privatpersonen, Daten, die sie ohnehin haben und die nicht schützenswert sind (weil sie etwa geheim oder personenbeziehbar sind), öffentlich, kostenlos und maschinenlesbar jedermann zur Verfügung stellen.

„Jedermann“ ist auch ein Unternehmen, das etwa Strukturdaten zur Bevölkerung braucht, um das Risiko einer Investition abzuschätzen. Oder eine Bürgerinitiative, die Fakten für ihr Anliegen sucht. Oder ein Bürger, der Argumente von Politikern verifizieren möchte.

Wie wichtig Open Data ist, zeigt eine am heutigen Dienstag veröffentlichte Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (hier der Download als PDF). Daten werden dort als „Digitales Gold“, als „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet - und ihr Wert für Deutschland auch erstmals beziffert. In einem „ambitionierten“ Szenario habe Open Data ein volkswirtschaftliches Potenzial von 43,1 Mrd. Euro jährlich. Voraussetzung: Daten sind grundsätzlich offen verfügbar, nur bei besonderen Gründen nicht.

Am heutigen Dienstag ist Open-Data-Konferenz im Bundeswirtschaftsministerium. Hier ein Tweet davon.

In einem „optimistischen Szenario“ mit der besonderen Anstrengung, international Spitze zu werden bei Open Data, errechnen die Autoren sogar ein Potenzial von 131,1 Mrd. Euro. Im „konservativen Fall“ - Ausbau von Open Data wie bisher - beträgt das Potenzial nur 12,1 Mrd. Euro. Die Autoren betonen, dass ein Ausbau von Open Data auch zu nicht finanziell messbaren Effekten führt, weil dadurch überkommene Strukturen aufgebrochen werden („disruptives Potenzial“).

Derzeit ist Deutschland im konservativen Szenario. Das heißt immerhin, dass einige Bundesländer bereits eigene Datenportale haben, etwa Hamburg. Schleswig-Holstein: Fehlanzeige.

Was mich persönlich stört, ist die hiesige Haltung dazu, wie ich sie empfinde: „Haben wir bisher nicht gebraucht. Brauchen wir auch weiterhin nicht.“ Ein Beispiel: Im Januar erregte Umweltminister Robert Habeck Aufsehen wegen einer Studie zur Nitratbelastung der Böden in SH. Open Data wäre, die Bodendaten in einem sinnvollen Format ungefragt auf eine öffentliche Datenplattform des Landes zu stellen. Die gibt es nicht. Meine Anfrage ans Ministerium, die Daten zu bekommen, ist einige Monate alt. Trotz mehrmaliger Nachfrage: nichts.

In einigen Jahren werden wir uns fragen, warum die Vorteile der Digitalisierung weite Teile SHs nicht erreichen. Warum Wohlstand woanders wächst und hier nicht. Kein Open Data wird ein wichtiger Grund sein.