Vorstoß sorgt für Kritik Mehr Platz für Autos: Experten empfehlen größere Parkplätze

Von Henry Borgelt | 19.09.2023, 07:50 Uhr

Praktisch alle Automodelle werden größer, selbst die kleinen Modelle wachsen. Um an den „aktuellen Stand der Technik“ angepasst zu sein, sollten Städte Parkplätze künftig größer bauen, fordern Experten. Doch es gibt Kritik, nicht nur von Umweltschützern.

Es ist ein gängiger Trend, der nicht zu stoppen scheint: Autos werden immer größer. War das Durchschnittsfahrzeug 2005 noch 4,74 Meter lang, 1,76 Meter breit und 1,51 Meter hoch, liegen diese Werte 2022 deutlich höher. Im aktuellen Bemessungsentwurf ist das durchschnittliche Fahrzeug 4,88 Meter lang, 1,89 Meter breit und 2,00 Meter hoch.

Durch das Wachsen der Autos könnte es auf Straßen und Parkplätzen eng werden. Daher fordert die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), dass neue Parkplätze breiter werden sollen.

Parkplätze sollen dem Trend folgen

Die FGSV empfiehlt, dass neue Parkplätze konsequent größer werden sollen. Es gehe nicht darum, alte Parkplätze zu vergrößern, aber neue an die Umstände anzupassen. So sollen Parkplätze in Parkhäusern, Tiefgaragen und im Straßenraum statt ehemals 2,50 Meter Breite nun mit 2,65 Meter Breite gebaut werden. Parkplätze in Längsrichtung am Straßenrand sollen im Idealfall auch von 2 Meter auf 2,15 Meter wachsen, wobei hier die Beschränkungen durch Fahrbahn und Fahrradwege einen Ausbau verhindern könnten.

Zwar handelt es sich bei diesen Vorschlägen des FGSV nur um Empfehlungen, die Forschungsgesellschaft wird aber regelmäßig zur Erstellung von Richtlinien für den Straßenbau herangezogen. Die einflussreiche FGSV steht mit den Empfehlungen nach mehr Parkraum allerdings nicht allein.

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, erklärte dem „rbb“, dass es allein an den Gewohnheiten der Verbraucher liege. Solange der Verbraucher große, breite Autos fahren möchte, werde das Problem bestehen bleiben, erklärte Brockmann. Eine Parkplatzvergrößerung allein werde nicht helfen.

Die Empfehlung nach größeren Parkplätzen ist aber auch unter Verkehrsexperten umstritten.

Kritik an Autos in der Innenstadt

Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, erklärte, dass das Platzproblem von den Autos selbst ausgehe. Es gebe zu viele Autos, weil es zu viele Parkplätze gebe. Es sei nicht mehr möglich zu garantieren, dass in den Städten jeder Mensch ein Auto fahren könne.

„Das heißt, wir müssen den Platz verknappen. Man muss den Menschen sagen, die Zahl der Parkplätze wird deutlich geringer werden und sie werden teurer. Und dann werden wir am Ende des Tages auch weniger Autos haben“, sagte er dem rbb.

Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisiert den Vorstoß, Parkplätze künftig zu vergrößern. Autos und das kostengünstige Parken in Innenstädten seien eine Bremse für die Verkehrswende. Anstelle von größeren Parkplätzen müssten die Parkplätze und Parkhäuser in den Städten in einer Stunde so viel wie ein Einzelfahrschein für die Bahn oder den Bus kosten, fordert der Verein. Auch ein Ende vom Kurzzeitparken und ähnlichen Modellen wird gefordert.

Diese Forderungen basieren auf einer Nachfrage der Deutschen Umwelthilfe, wonach von 104 befragten Städten nur Osnabrück und Heidelberg angemessen hohe Parkgebühren hätten.

Ob Städte der Empfehlung der FGSV nachkommen, ist nicht unwahrscheinlich, da sie sich bei der Verkehrsplanung an dem „aktuellen Stand der Technik“ orientieren müssen.

Neben den umweltbedingten Kritikpunkten könnte eine Parkplatzvergrößerung auch bei Neubauten zum Problem werden. Einige Bundesländer geben auch bei Privatparkplätzen Mindestmaße vor. In Niedersachsen liegen diese bei einer Breite von 2,50 Meter, wenn Wände oder Pfeiler an den Parkplatz angrenzen. Ob auch diese Maße angepasst werden würden, ist nicht klar.

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