Brücken-Geburtstag Rendsburger Hochbrücke: "Eiserne Lady" wird 100

Von Sabine Sopha | 29.08.2013, 06:18 Uhr

Anfangs gab es Widerstand gegen den Bau der Rendsburger Eisenbahnhochbrücke, am Freitag, dem 13. September, wird sie 100 Jahre alt. Sie ist Wahrzeichen und Erkennungsmerkmal, wird liebevoll „Eiserne Lady“ genannt.

Sie ziert Postkarten, Aufkleber, Firmenlogos oder Produkte. Aus der Region Rendsburg ist die Silhouette der Eisenbahnhochbrücke nicht mehr wegzudenken. Sie ist Wahrzeichen und Erkennungsmerkmal, wird liebevoll „Eiserne Lady“ genannt und feiert in wenigen Tagen ihren 100. Geburtstag.
Die Enkelin des Erbauers lebt noch. Dorothea Ehrich hat vor einiger Zeit etliche Unterlagen an das Rendsburger Museum übergeben – Zeichnungen, Pläne, Urkunden. Direktor Martin Westphal konnte nach der ersten Sichtung schon sagen: „Friedrich Voß war ein Brückenbaufanatiker.“ So hatte er beispielsweise auch die Eiderbrücke in Friedrichstadt entworfen und dafür ein Honorar von 28.000 Reichsmark erhalten. Für sein Meisterstück, den Bau der Rendsburger Brücke, soll Voß übrigens zwischen 12.000 und 15.000 Mark erhalten haben. Ab 7. September wird eine Schau im Museum der Kanalstadt an den Brückenbauer erinnern.
Man kann sich dem Bauwerk auch ganz sinnlich nähern: Bei einem Brückendinner, das die Touristinformation zum Jubiläum im Programm hat. Schwindelfrei muss man natürlich sein, wenn man auf der Aussichtsplattform speisen will. Aber es ist auch möglich, die spektakuläre Aussicht ohne Essen genießen. Regelmäßig werden Führungen angeboten. Gut zu Fuß müssen die Besucher sein, schließlich geht es 179 Stufen zu Fuß hinauf. Auch ein Helm ist Pflicht.
Davon war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg noch keine Rede. Und so turnte Erika Neuhaus völlig frei in der Stahlkonstruktion herum. Ihr Vater Johann Neuhaus (1901-1989) war damals Brückenkontrolleur, und die heute 75-jährige Rendsburgerin erinnert sich noch gerne an ihren luftigen Spielplatz. Manchmal half sie sogar bei der Arbeit, testete Niet für Niet mit einem Hammer. „Wenn eine Niet kaputt war, hörte man das sofort. Dann habe ich es mit einem Kreuz markiert“, erzählt sie.
Die schweren Stahlniete sind inzwischen ein begehrtes Souvenir. Tausend Stück wurden für einen guten Zweck verkauft – und waren in Windeseile vergriffen. Aber es gibt zum Jubiläum noch etliche andere Andenken: Gedenkmünzen in Gold und Silber, Kaffeebecher, Schmuck und süße Köstlichkeiten mit dem Brückenmotiv.
Wenn Traumschiffe die Brücke passieren, werden sie inzwischen mit ihrer Nationalhymne empfangen: Unterhalb der Stahlstützen liegen die „Brückenterrassen“ mit Schiffsbegrüßungsanlage– ein Anziehungspunkt für Seh-Leute. Auch wenn die alte Dame seit etlichen Monaten eine Facelifting erhält und stellenweise eingerüstet ist – ein beliebtes Fotomotiv ist sie nach wie vor.
Wer heute mit der Bahn von Hamburg nach Flensburg fährt, überquert den Kanal auf der imposanten Stahl-Konstruktion. Der Blick auf die Häuser des Stadtteils Schleife fasziniert immer wieder. Sie wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut – als die Hochbrücke und ihre langgezogene Rampe (die Schleife) schon lange standen. Ursprünglich hatten Drehbrücken der Kanalüberquerung gedient. Aber mit zunehmendem Verkehr und auch mit der ersten Verbreiterung der künstlichen Wasserstraße waren neue Wege nötig geworden. Die Bewohner und Unternehmen am Kanal waren anfangs allerdings gar nicht erbaut von den Neubauplänen. Sie befürchteten „ungeheure Stahlgerüste“ und prophezeiten ein „Monstrum“, das das Stadtbild störe. Gebaut wurde trotzdem; und am 1. Oktober 1913 ratterten die ersten Züge über die Brücke: Nach kurzer Zeit war die „Eiserne Lady“ dann zum Wahrzeichen geworden. Inzwischen ist die Touristenattraktion so beliebt, dass der E.ON Hanse-Cup in diesem Jahr auf seine Startfeierlichkeiten zugunsten der Brücke verzichtet hat und stattdessen am Freitag, dem 13. September, auf der Nordseite ab 17.30 Uhr ein großes Brückenfest steigt.
Details zu den Feierlichkeiten gibt es hier.
Aus dem shz.de-Videoarchiv:
2390470771001
2099729979001