„Diversity“-Staffel 2023 GNTM: Sind diverse Models so gefragt, wie Heidi Klum behauptet?

Von Laura Cäcilia Wolfert | 25.02.2023, 14:00 Uhr

Heidi Klum setzt in der 18. Staffel von Germany‘s Next Topmodel wieder auf „Diversity“. Aber sind diverse Models tatsächlich so gefragt? Modelagentin Claudia Midolo gibt Einblicke in die Branche und verrät, wie ein Model aussehen muss, um erfolgreich zu sein.

Die 18. Staffel von Germany‘s Next Topmodel hat begonnen: Heidi Klum setzt wie im vergangenen Jahr erneut auf „Diversity“ und sucht Frauen in allen Altersklassen, mit verschiedenen Körpergrößen- und Formen. „Alle reden davon, dass sie mehr Diversity möchten. Aber ich, ich bring‘s an den Start“, sagte die 49-Jährige 2022.

Diversity ist der englische Begriff für „Vielfalt“, aber was bedeutet das eigentlich? Was ist der Unterschied zwischen „divers“ und „besonders“ – und ist Diversity in der echten Modelbranche tatsächlich im Trend? Wir haben Claudia Midolo gefragt. Die 50-Jährige hat 1995 die Modelagentur „Modelwerk“ in Hamburg gegründet, einer der führenden Talententdeckungs- und Managementagentur in Deutschland. Bekannt geworden ist sie durch die Karrieren der Supermodels Antonia Wesseloh, Esther Heesch oder Toni Garrn. 

Frau Midolo, warum sehen die schönen Frauen heute ganz anders aus als die schönen Frauen vor 50 Jahren?

Dafür kann man das schöne Wort Zeitgeist nutzen. Das ist eine Synergie aus verschiedensten Bewegungen: Von Musik, Social Media, bis hin zum Krieg und daraus resultierenden Verlustängsten. Aus all diesen Geschehnissen entsteht ein Gefühl des Zeitgeistes. Daraus formt sich oft Schönheitsideal, ein Trend. Menschen, die alles haben, die völlig sorgenfrei sind, finden andere Sachen schöner als jemand, der beispielsweise von Hunger bedroht ist. Das Normale will man nicht. Dinge, die einem ins Auge stechen, müssen für einen selbst besonders sein. 

Auf den Laufstegen sieht man heute mehr unterschiedliche Frauen als früher.

Dass die Laufstege heute eher kulturell und auch alters- und größenmäßig gemischt sind, ist eindeutig Social Media zu verdanken. Das ist schön! Menschen sind nun mal unterschiedlich. Wenn uns die Presse, die Mode oder die Filmindustrie vorschreibt, wie was zu sein hat, dann werden die Stimmen - dank sozialer Netzwerker - lauter und gehen dagegen an. Die zeigen: Nein, das geht auch anders! Früher hieß es, eine Frau mit 50 darf keinen Minirock mehr anziehen. Ich bin gerade erst 50 Jahre alt geworden. Soll ich ab jetzt keinen Spaß mehr am Leben haben oder was? Blödsinn. 

Sie haben das Wort „besonders“ benutzt. Heidi Klum benutzt regelmäßig das Wort „Diversity“. Als Zuschauern bekomme ich das Gefühl, diese Begriffe werden oft als Synonym verwendet. Was ist der Unterschied, was ist divers?

Besonders und divers sind für mich zwei verschiedene Sachen. Divers heißt für mich: es kommen verschiedene Ethnien, Altersgruppen, Körperstrukturen, Sexualität und so weiter vor. Es sollte keiner diskriminiert oder ausgeschlossen werden. Damit meine ich genauso sehr dünne Menschen. Auch wenn das viele Menschen nicht wahrhaben wollen, es gibt viele, die von Natur aus schlank sind. Was neuerdings dazu kommt, ist das Thema. Inklusion. Das ist teilweise von Kunden gewünscht.  

Ist Diversität in der Modebranche tatsächlich so gefragt, wie Heidi Klum behauptet?

Ja. Ich würde sagen, 90 % der Anfragen, die wir bekommen, benutzen das Wort. 

Diese Eigenschaften und äußerlichen Merkmale braucht ein Model, um erfolgreich zu werden

Wie lässt sich Schönheit rational beurteilen, wie erkennt man Erfolg anhand des Aussehens?

Da sind wir eher bei dem Wort „besonders“. Es gibt ein paar Rahmenbedingungen, die bei einem Model üblicherweise zu mehr Erfolg führen: Eine Körpergröße zwischen 1,76 und 1,80 Meter, ein eher schlanker Körperbau - oder eine 44/46 als Kleidergröße. Dann gibt es eher klassische Schönheitsmerkmale wie ein ebenmäßiges und symmetrisches Gesicht, große Augen, keine zu große Nase, volle Lippen. Politische Correctness hin oder her, das ist eine sichere Karte für ein Model, um gut zu arbeiten.

Was braucht es noch, um als Model erfolgreich zu werden?

On top zu dem, weil ja heutzutage sehr viele Mädchen und Frauen Model werden wollen, muss einen irgendetwas „Besonderes“ auszeichnen. Da kann ein kleiner Höcker auf der Nase sein, zwei verschiedenen Augenfarben - oder ein Leberfleck wie bei Cindy Crawford. Das sorgt für eine gewisse Ausstrahlung. Selbstbewusstsein kann man ein Stück weit lernen. Charisma hingegen wird einem oft in die Wiege gelegt. 

Außerdem sollte man als Model sehr ehrgeizig, strukturiert, gepflegt und sportlich sein. Auch Curvy Models müssen Sport machen, um einen gesunden, trainierten, wohlgeformten Körper zu haben. Das ist alles mit Disziplin verbunden. Das hört sich alles so einfach an, ist es aber gar nicht. Wenn man zusätzlich noch einen perfekten Instagram-Auftritt und idealerweise noch einen TikTok-Kanal von einem Model verlangt - dann muss sie ein Stück weit noch kreativ sein und sich auszudrücken wissen. Sie sollte etwas zu bieten haben, in einer intellektuellen Form. Das alles in einer Person zu finden, ist nicht so einfach. 

Sie haben es trotzdem schon oft geschafft, unter anderem haben sie Supermodel Toni Garrn entdeckt. Wie ist das, sieht man so ein Gesicht und weiß, diese Frau kann ein Model werden?

Ja, aber ich habe im Laufe der Zeit gelernt: Das ist wohl ein Talent. Wenn ich ausflippe und jemanden wie wild anspreche, ist lustigerweise oft meine Mutter oder mein Mann dabei. Die sagen dann: „Was siehst du denn jetzt in der? Für mich ist das ein unscheinbares Mädchen“. Toni Garrn wären denen offensichtlich nicht aufgefallen. 

Hier sehen Sie ein Foto von Supermodel Toni Garrn:

Wer war denn bei Toni Garn dabei?

Der Ehemann. Bei Toni Garn haben viele befreundete Agenturen auch nicht ihr Potenzial gesehen. Es war früher schwer, sie im Ausland zu platzieren, das heißt, in unseren Partneragenturen unterzubringen. Toni Garrn war eher ein klassisch hübsches, normales, sehr attraktives Mädchen. Im ersten Moment war sie nicht besonders, im zweiten schon. Sie hat einen kleinen Höcker auf der Nase und sie eine sehr besondere Ausstrahlung - das musste man aber erst aus ihr herauskitzeln. Das Besondere ist nicht immer sofort sichtbar.

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