Die Urne mit der Asche von gestorbenen Verwandten in der Wohnung aufbewahren oder die Asche im Garten verstreuen? Das geht im Norden weiterhin nicht.
Die Piraten sind mit einem Vorstoß zur Lockerung des Bestattungsrechts in Schleswig-Holstein an einer großen Landtagsmehrheit gescheitert. Für einzelne Änderungen stimmten am Mittwoch außer den Piraten auch wenige Abgeordnete aus anderen Fraktionen, aber insgesamt hatte der Gesetzentwurf keine Chance. Nach der Initiative sollten Hinterbliebene Urnen mit der Asche eines Gestorbenen bis zu zwei Jahre in ihrer Wohnung aufbewahren oder die Asche zum Beispiel im Garten verstreuen können. Voraussetzung sollte eine entsprechende Verfügung des Gestorbenen sein.
Die evangelische und die katholische Kirche hatten sich strikt gegen das Ansinnen der Piraten ausgesprochen. Die Bischöfe Stefan Heße und Gothart Magaard bekannten sich vehement zur öffentlichen Bestattungskultur auf Friedhöfen und warnten vor einer Privatisierung des Trauerns.
Die Piraten stützten sich bei ihrer Initiative auch auf eine Umfrage, nach der eine Mehrheit die Kernpunkte einer solchen Reform zur „Lockerung des Friedhofszwangs“ unterstütze. Wer eine Einäscherung wünscht, sollte dem Gesetzentwurf zufolge schriftlich festlegen können, was mit seiner Asche geschehen soll. Die Regelungen sollten nur für Menschen gelten, die ihren letzten Hauptwohnsitz in Schleswig-Holstein hatten, um „Bestattungstourismus“ zu verhindern.
Der Pirat Uli König verteidigte die Initiative, die viel Zuspruch erfahren habe. Änderungswünsche seien aufgenommen worden. Mit den Worten „Setzen Sie sich für ein weltoffenes Schleswig-Holstein ein!“, warb König bei den meisten Abgeordneten vergeblich um Zustimmung. Die Piraten halten das Pietätsgefühl für vorgeschoben und sehen mit der Abstimmung die wirtschaftlichen Interessen der Friedhofsbetreiber gestärkt. „Es ist eine Niederlage für die Bürgerrechte, wenn in solchen Angelegenheiten der erklärte Bürgerwille keine Berücksichtigung findet. Gewonnen hat die Kirchenlobby“, so König.
Sozialministerin Kristin Alheit setzte sich dafür ein, das geltende Recht beizubehalten. Es gehe um einen Umgang, der die Menschenwürde über den Tod hinaus zum Maßstab mache, sagte die SPD-Politikerin. „Ich persönlich bin nicht der Auffassung, wir werden diesem Anspruch gerecht, wenn wir es zulassen, Totenasche auf jedem beliebigen Grundstück zu verstreuen - in einem Garten oder auf einem Schrottplatz.“
Das bestehende Recht werde der Tatsache besser gerecht, dass Tod und Umgang mit Toten nicht bloß Privatsache seien, sagte Alheit. Es gehe auch um das Bedürfnis von Hinterbliebenen, einen Ort der Trauer zu haben. Im Übrigen ermögliche das Bestattungsrecht bereits alternative Formen wie Bestattungen auf See oder in einem Friedwald.
Ähnlich argumentierte die CDU. „Die Würde eines Menschen endet nicht mit seinem Tod“, sagte die Abgeordnete Petra Nicolaisen. Die Überreste dürften nicht „entsorgt“ werden. „In Schleswig-Holstein sind Bestattungen modern und zeitgemäß geregelt“, sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Baasch. Die von den Piraten vorgeschlagenen Änderungen seien nicht erforderlich. Für seine Fraktion seien eine Individualisierung und Privatisierung von Bestattungsformen und -flächen ausgeschlossen.„Ich finde die Friedhofsmauer gut, die den Ort der Toten von der Welt des Lebens trennt“, sagte der Grüne Detlef Matthiessen. Der Gesetzentwurf sei gut gemeint, aber schlecht gemacht, befand Ekkehard Klug von der FDP. Auch könnten sich Nachbarn belästigt fühlen, wenn Asche Gestorbener auf ihr Grundstück herüberwehen sollte. Aus FDP-Sicht überwiegen in dem Gesetzentwurf die Nachteile die Vorteile.
SSW-Fraktionschef Lars Harms folgte in Teilen den Vorstellungen der Piraten. Da zu viele Punkte aber zu weit gingen, sei der Gesetzentwurf nicht zustimmungsfähig.