Trend im Internet : Selfie: Das digitale Selbstporträt
Im Urlaub, auf der Party, im Badezimmer, bei der Oscarverleihung: Selfies mit dem Smartphone und der Digitalkamera sind im Trend. Worauf man achten sollte und womit man das optimale Selfie hinbekommt, hat shz.de zusammengestellt.
Für das Oxford-Dictionary ist es das englische Wort des Jahres 2013: Selfie. Das trendige Selbstporträt mit der Digitalkamera oder dem Smartphone findet sich auf Facebook oder Instagram wieder und das Internet ist voll mit narzisstischen Selbstbildnissen und sogenannten „Fails“ bei denen vielleicht nicht nachgedacht wurde, was der Bildausschnitt noch so bereit hält, wenn man die Kamera eine Armlänge von sich weg hält und abdrückt.
Der Begriff „Selfie“ wurde im Jahr 2005 von dem Fotografen Jim Krause diskutiert und folgendermaßen definiert: „Ein Selfie ist eines dieser Bilder, wobei die Kamera auf sich selbst gerichtet ist.“ Bereits 2002 tauchte der Begriff in einem australischen Forum auf. Seit etwa zwei bis drei Jahren ist auch in Deutschland von Selfies die Rede. Die Bilder sind einfach zu erstellen und zu teilen. Der „Fotograf“ hat die Kontrolle darüber, wie er sich präsentieren will.

Vor allem junge Frauen stehen auf Selfies. Das ergab eine erste empirische Studie von Selfiecity. Die Frauenforscherin und Soziologin Gail Dines verknüpft das Phänomen mit der Gefahr, dass Frauen sich auf ihre Körper reduzieren und auch darauf reduziert werden. Ist das der Aufstieg einer neuen Porno-Kultur? Wenn es nach der Forscherin geht, ja. Für Frauen sei sexuelle Attraktivität der Weg, Aufmerksamkeit zu erlangen. Nach Dines gucken sich Mädchen und Frauen sexy Posen, unbewusst oder bewusst, direkt aus der Pornografie ab. Ben Agger, Soziologie-Professor an der University of Texas bestätigt ihre These: „Selfies sind die virale Form des männlichen Blicks.“ Um auf dem „Dating-Markt“ mithalten zu können, müssten Frauen sich als Sexobjekt präsentieren. Ist das Selfie also mehr als nur Ausdruck der Selbstverwirklichung oder Selbstverliebtheit?

Viele Selfies sollen eigentlich ein schmeichelhaftes Bild der Person abgeben, so wie sie von den anderen gesehen werden will. Eine Umfrage bei Facebook-Nutzern aus dem Jahr 2013 ergab allerdings, dass das häufige Posten von Selfies mit schwacher sozialer Unterstützung zusammenhängt. Diejenigen, die oft Fotos von sich selbst hochladen gingen ein Risiko ein, ihre realen Beziehungen zu beschädigen.

Worauf sollte man beim Foto denn achten? Nacktbilder oder freizügige Fotos müssen nicht sein und können schnell peinlich werden, wenn sie im Netz verbreitet werden. Außerdem sollte man darauf achten, was sich im Hintergrund befindet, wenn man die Kamera auf sich richtet. Eine andere Person oder die Toilette im Badezimmer wirken einfach nicht schön.

Ein „Duckface“ machen? Geht gar nicht mehr. So wie das „Arschgeweih“ ein Trend war, sah man auch im Netz viele Selbstbildnisse mit Schmollmund. Der Trend scheint aber nachzulassen. Zum Glück. Auch die Nachbearbeitung mit Photoshop kann schnell peinlich werden, vor allem, wenn man mit der Bildbearbeitung nicht vertraut ist.

Vorsicht vor unpassenden Momenten. Auf Trauerfeiern ist das spaßige Bild wohl eher unangebracht. Zuletzt trat US-Präsident Barack Obama bei der Gedenkfeier zu Nelson Mandelas Tod ins Fettnäpfchen, als er sich lachend mit dem britischen Premier David Cameron und der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt porträtierte.

Fotografieren mit Tablet-PC ist gerade auf Konzerten nervig für andere. Das Selfie mit dem Tablet sieht auch einfach etwas seltsam aus. Sicher nicht die beste Variante für das Selbstporträt, obwohl die gängigen Tablets über Kameras verfügen. Nachteil: Vor dem Spiegel muss man sich etwas verbiegen, um nicht nur das Gerät abzulichten.

Wenn der Laternenpfahl kommt, ist auch das schönste Selbstbildnis aus dem Autofenster nichts wert. Deshalb ist immer Vorsicht angesagt, wenn es außergewöhnlich werden soll. Viele weitere Tipps findet man im Netz: Ist der Kopf in der richtigen Position? Halte ich die Kamera im 45-Grad-Winkel? Ist das Licht optimal? Das perfekte Selfie scheint eine Kunst zu sein.

Womit macht man aber die besten Selfies? Der Klassiker ist natürlich die digitale Knipse. Ob im Urlaub oder auf der heimischen Couch: Kamera umgedreht und auf den Auslöser gedrückt. Nachteil: Man sieht erst nachher ob man die Kamera zu hoch oder zu tief gehalten hat.

Die besten Smartphone-Kameras im Test haben die Topmodelle von Samsung, Sony, Apple, Nokia und HTC. Mit Frontkamera ausgestattet, kann man in Megapixel-Qualität Selbstporträts von sich schießen. Vorteil: Das Smartphone ist klein und leicht. Nachteil: Die Bildqualität von Frontkameras ist auch heute noch nicht so großartig. Für das soziale Netz reicht es aber.
Moderne Spiegelreflexkameras bieten häufig schwenkbare Displays. Nachteil: Sie sind etwas schwer auf dem ausgestreckten Arm zu tragen. Dafür sieht man, was man fotografiert.

Besser noch: Die Kamera mit Display auf der Vorderseite. So können Selfies doch nur gelingen.

Neu sind Objektive, die fast wie eigenständige Kameras funktionieren. Sie können direkt an das Smartphone angedockt und über WLAN angesteuert werden. Man sieht dann über das Smartphone-Display, was das Objektiv sieht und steuert es über das Telefon. Vorteil: Die Bildqualität der Bilder steigt. Nachteil ist der hohe Preis der für eine „halbe“ Digitalkamera gezahlt werden muss.

Bei all der Technik und den guten Tipps aus dem Netz kann aber wohl trotzdem niemand so ein cooles Selfie machen, wie der japanische Astronaut Aki Hoshide bei seinem Spaziergang anlässlich einer Reparatur außerhalb der ISS. Vielleicht geht auch deswegen der Trend bereits zum Belfie - dem Foto des eigenen Popos.

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