Lachs und Meerforelle sind in vielen Flüssen Schleswig-Holsteins ausgestorben. Angler betätigen sich als Naturschützer und versuchen, durch Nachzucht ihre Rückkehr zu unterstützen
Ein mattsilbriger Angelkahn treibt auf dem Oberlauf der Stör lautlos flussabwärts. Am Bug steht Fischmeister Hartwig Hahn, in seinen Fäusten ein langer Kescher. Aufmerksam sucht der 70-Jährige die Wasseroberflüche ab, als plötzlich neben dem Boot ein großer Fisch auftaucht - ein Lachs, knapp einen Meter lang, der benommen auf der Seite liegt. „Beim Elektrofischen mit bis zu 360 Volt Gleichstrom werden die Fische kurzzeitig betäubt“, erklärt der Fischmeister, und sammelt seine Beute mit dem Netz ein. Nur wenige Sekunden später beginnt der Lachs zu zappeln. Er will zurück ins Wasser, den Fluss weiter aufwärts schwimmen, um ein geeignetes Plätzchen für seinen Nachwuchs zu finden.
Nach Angaben des WWF will das Weibchen bis zu 30.000 Eier in ein Bett aus feinem Kies legen, damit diese dann von mehreren Männchen befruchtet werden. Das will Hartwig Hahn verhindern. Er hat es auf die Fisch-Eier und den Fisch-Samen abgesehen. Der 70-Jährige will, dass Lachs und Meerforelle in Schleswig-Holstein wieder heimisch werden. Beide Arten waren bis zum 19. Jahrhundert ein wichtiger Teil der ursprünglichen Fischfauna in den Flüssen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bauten die Menschen jedoch Dämme und andere Querbauten in die Flüsse. Damit versperrten sie den Fischen den Weg zu ihren angestammten Laichgebieten.
Zusätzlich sorgten Gewässerverunreinigung sowie die Überfischung der Laichbestände dafür, dass Lachs und Meerforelle in Deutschland fast vollständig ausstarben. Inzwischen hat sich der Bestand deutlich erholt. „Auch wenn sich der Zustand der Gewässer durch Renaturierungsmaßnahmen verbessert hat, ist es immer noch nötig, den Bestand durch Nachzucht zu unterstützen“, sagt Hartwig Hahn von der Arbeitsgemeinschaft Stör-Bramau (Arge). Dazu wurden von der Arge seit ihrer Gründung 1983 knapp 1,5 Millionen Lachs- und rund 18 Millionen Meerforellen-Eier bebrütet, berichtet Sönke Rother, Pressereferent des Landessportfischerverbandes.
Hahn und seine Mitstreiter starten dafür im Oktober mit dem Fischfang. Die Elterntiere werden dann am Bruthaus in Aukrug in großen Bassins gehalten. Sobald ein Weibchen laich-„reif“ ist, massiert Hahn vorsichtig den Unterleib des Fisches und streift die Eier mit seinem Daumen ab. Dann wird noch von einem Männchen etwas Samen in einen kleinen Plastikbecher dazugegeben und beides gut durchmischt.
Die Eier kommen anschließend für 60 bis 70 Tage ins „Bruthaus“, um anschließend in den Oberläufen der Flüsse wieder ausgesetzt zu werden. Die als Eier- und Samen-Lieferant genutzten Eltern-Fische werden anschließend im Fluss wieder ausgesetzt und wandern zurück ins Meer.