Interview mit Mark Maslow Tipps vom Personal Trainer: Warum Fitness Kopfsache ist

Von mn | 17.03.2017, 19:13 Uhr

Was hatten wir vor ein paar Monaten nicht alle für tolle Fitness-Vorsätze? Der Hamburger Sportler und Autor Mark Maslow verrät, warum das Dranbleiben keine Frage der weltbesten Knackpo-Übung ist, sondern eine mentale.

Es ist März, Strandfigur ist noch immer nicht da und doch sind die Fitnesskurse merklich dünner besetzt als im Januar. Sind die guten Vorsätze schon wieder vergessen?Tatsächlich beobachte ich das in jedem Jahr: Anfang Januar, wenn sich viele ihren guten Vorsätzen widmen, füllen sich die Fitnessstudios und die Mitgliedschaften boomen. Zwei Monate später ist das wieder vorbei. Das ist ein Grund, warum ich das Thema Motivation so faszinierend finde: Seit 18 Jahren trainiere ich in Fitnessstudios. Seit 18 Jahren beobachte ich dieses Phänomen. Umfragen zeigen, dass „mehr Sport“ und „gesündere Ernährung“ unter den guten Neujahrsvorsätzen ganz oben stehen. Und dann? Wieder nichts: Jeder Zehnte springt schon nach einer Woche ab und nach einem Dreiviertel Jahr hat die Hälfte aufgegeben. Aber das heißt auch: Die Hälfte bleibt dran!

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Mark Maslow arbeitet als Fitness Coach in Hamburg. Der begeisterte Leistungssportler und Marathonläufer kündigte seinen Job als Luftfahrt-Ingenieur und machte sein Hobby zum Beruf. Mit marathonfitness.de gründete er einen Fitnessblog, der mittlerweile zu den erfolgreichsten in Deutschland zählt. Im Dezember veröffentlichte er sein erstes Buch „Looking good naked“.

Woran liegt es, dass bei so vielen die Motivation wieder nachlässt?
Viele Menschen haben keine klaren Ziele. Unkonkrete Ziele begeistern nicht. Lass uns beim Eingangsbeispiel bleiben: „Mehr Sport“ oder „gesünder Essen“ – das ist Nebel in Tüten. Ich hake dann nach: „Woher wüsstest du, dass du ,mehr Sport' machst? Woran würdest du merken, dass du dich ,gesünder' ernährst?“

Wie setzt man denn am besten klare Ziele?
Der ein oder andere kennt den Begriff S.M.A.R.Tes Ziel vielleicht aus dem Unternehmenskontext. Also spezifisch, messbar, erreichbar, realistisch und terminiert. Was bedeutet das? Spezifisch heißt, du hast ein klares Bild davon, wo du hinwillst. Kannst oder könntest du dein Ziel malen? Nehmen wir an, jemand sagt, er möchte wieder in seine Lieblingshose passen. Das kann man malen. Es ist außerdem messbar: Entweder die Hose passt, oder eben nicht. Dabei ist mir ein Punkt besonders wichtig: Begeistert dich dein Ziel? Brennst Du dafür? Wenn du dir vorstellst, du seist bereits am Ziel, dann fühlst du, ob es dich pusht. Klarheit und Begeisterung sind der Sauerstoff der Motivation.

Letztens sprach ich mit einem Familienvater: Er wollte mit seinem Sohn wieder auf den Fußballplatz, was vorher nicht so gut ging, weil er übergewichtig war. Ich habe gesehen, wie seine Augen leuchteten. Begeisterung pur! Jetzt fragst du dich vielleicht: Woher weiß ich, ob mein Ziel erreichbar ist. Natürlich kann dir ein Fitness Coach dabei helfen. Oder du informierst dich selbst – in Büchern oder bei Menschen, die den Weg schonmal gegangen sind. In jedem Fall ist es wichtig, dass du dir ein Ziel setzt, von dem du glaubst, dass du es schaffen kannst.

Ganz häufig sieht man ja Marketing im Internet: In zwei Wochen zehn Kilo abnehmen. Wo manchmal mit unerreichbaren Zielen geworben wird. Ein paar Kilo kriegt man auch immer durch Wasserverlust runter, aber das ist es ja nicht, was die Menschen eigentlich wollen, sie wollen Fett abbauen. Leider führt solch überzogene Werbung oft dazu, dass die Menschen, denken, es läge an ihnen. Ich versuche dann, sie wieder auf Kurs zu bringen, was wirklich erreichbar ist.

Soll man also lieber tief stapeln?
Es sollte schon eine Herausforderung darstellen. Nur dann führt es dazu, dass Du loslegst. Deswegen sind effektive Ziele auch terminiert. Angenommen, du möchtest in drei Monaten an einem Wettkampf teilnehmen. Dann weißt du: Wenn ich jetzt nicht anfange, dann schaffe ich es nicht. Der Termin ist wichtig, damit du deinen Hintern hochbekommst. Allerdings wissen wir alle: Manchmal kommt das Leben dazwischen. Wer eine Erkältung hat, ist eben nicht zu körperlichen Höchstleistungen in der Lage. Dann ist besser, so lange kürzer zu treten, bis der Infekt überwunden ist. Das ist nicht schlimm. Im Übrigen werden selbst Elitesportler mal krank. Trotzdem geben sie ihr Ziel nicht auf. Wenn der ursprüngliche Termin nicht mehr haltbar ist, muss halt ein neuer her. Vielleicht ist ja eine Woche später ein anderer Wettkampf, um beim Beispiel zu bleiben. Das heißt: Das Ziel sollte mit Tinte notiert werden, der Termin mit Bleistift.

Was mache ich, wenn ich dann trotzdem nicht loslege?
Dann ist die Hürde vielleicht zu hoch. Wie kannst du es dir noch leichter machen, den ersten Schritt zu gehen? Es muss ja nicht gleich das 60-Minuten-Workout sein. Wie wäre es mit zehn Minuten? Vielen Menschen hilft es, sich Mitstreiter zu suchen. Eine Verabredung mit anderen sagt man nicht so schnell ab. Auch eine Wette ist eine gute Möglichkeit. Einem meiner Klienten fiel es schwer, sich im Dunkeln zum Laufen aufzuraffen. Also schloss er einen Pakt mit seiner Frau: Wenn er das Laufen ausfallen lässt, muss er eine ihm verhasste Aufgabe im Haushalt übernehmen: Wäsche aufhängen. Auf einmal fiel es ihm leicht, weil ihm klar war: Bevor er Wäsche aufhängt, geht er auf jeden Fall laufen.

 

Du hast ja sogar eine Formel für Fitness aufgestellt, was verbirgt sich dahinter?
Wer abnehmen oder stärker werden will, tut sich oft schwer damit, die richtigen Prioritäten zu setzen. Kein Wunder, die Medien sind ja voll mit Fitnesstipps. Aber nicht alles davon ist für jeden von uns wichtig. Worauf solltest du dich fokussieren, wenn du nackt gut aussehen willst? Die M.A.R.K.-Formel beantwortet das. Es sind nur vier Elemente, die aufeinander aufbauen. Das M wie Mentales Training bildet das Fundament. Also: Was ist mein Ziel, wie motiviere ich mich? Wie stelle ich Rahmenbedingungen her, so dass ich dranbleibe? Erst dann kommen die übrigen Elemente:  A – wie ausgewogene Ernährung als zweites und dann R wie Richtiges Krafttraining und K wie Kardiotraining.

Warum ist das Mentale Training das Fundament?
Wenn ich einen Klienten frage, was er tun müsste, um Fortschritte zu machen, bin ich immer wieder überrascht: 80 Prozent dessen, was er vorschlägt, hätte ich ihm auch geraten. Die meisten Menschen wissen, was sie tun müssten – aber sie tun’s nicht! Das heißt im Umkehrschluss: Mehr Wissen – über das neueste Fettabbau-Superfood oder die weltbeste Knackpo-Übung löst das Thema nicht. Nackt gut aussehen ist in den meisten Fällen kein Wissens- sondern ein Umsetzungsthema. Viele Menschen merken nicht, wie sehr sie sich Steine in den Weg legen – durch die Art und Weise wie sie denken. Deswegen beginne ich auf der mentalen Ebene. Dazu gehören die Ziele, über die wir eben schon sprachen. Aber auch limitierende Glaubenssätze oder das soziale Umfeld. Wer diesen Punkt übergeht und sich nur mit Ernährung und Training beschäftigt, landet leicht im Hamsterrad oder gibt frustriert auf. Deswegen bildet mentales Training das Fundament der M.A.R.K. Formel.

Und das Krafttraining ist wichtiger als das Kardiotraining?
Natürlich kommt es auf die Zielsetzung an. Für alle, die sichtbar abnehmen oder stärker werden wollen, ist es das wichtigste Trainingselement. Mit „richtigem" Krafttraining meine ich intensives Training mit Kurz- und Langhanteln. Natürlich spielt die Ernährung auch eine Rolle: Wer Fett abbauen möchte, sollte gleichzeitig ein leichtes Kaloriendefizit einhalten. Also ein bisschen weniger Kalorien essen, als der Körper braucht. Gerade dann ist Krafttraining kritisch wichtig. Muskeln verbrauchen sehr viel Energie – praktischerweise auch dann, wenn du nur faul auf dem Sofa liegst. Wer ohne Krafttraining abnehmen will, baut zwangsläufig auch Muskeln ab. Dadurch sinkt der Kalorienverbrauch. Deswegen nehmen viele Menschen nach einer Diät so schnell wieder zu – und werden oft noch dicker als vorher. Krafttraining schützt dich vor Muskelabbau und hilft dir dabei, deine Form zu halten, wenn du am Ziel bist – und auf der anderen Seite macht es dich auch stärker und definierter. Grade Frauen, die abnehmen wollen, fokussieren sich oft nur aufs Kardiotraining und vernachlässigen das Krafttraining. Dadurch nehmen sie zwar ab, aber eben auch Muskeln. Eine knackige Figur ist auf diesem Weg allerdings für die meisten Menschen nicht erreichbar.

Mehr Fitness-Tipps von Mark Maslow
Als Buch: Mark Maslow: „Looking good naked“ 192 Seiten, ca. 120 Farbfotos, 16,99 Euro, Verlag Südwest 2016 ISBN: 978-3-517-09467-0
Im Podcast auf iTunes
Im Blog: Marathonfitness.de

 

Wie viel Zeit sollte man investieren?
Hier ist eine einfache Faustregel: Wer sich pro Woche zwei bis drei Stunden Zeit fürs Training nimmt, sollte sie ins Krafttraining investieren. Wer vier bis fünf Stunden hat, sollte die zusätzliche Zeit ins Kardiotraining investieren. Alles, was darüber hinausgeht, steht unter der Überschrift „Bewegung, die Dir Spaß macht“. Während ein Fitness-Freak mehr Zeit im Studio verbringt, geht der Familienvater vielleicht mit den Kindern auf den Spielplatz. Oder er macht eine Radtour mit der Familie. Die beste Kraftübung ist ohnehin die, die du regelmäßig ausübst. Deswegen ist die wichtigste Frage nicht immer die, was am effektivsten ist, sondern: Wie findest du einen Weg, der dir gefällt?

Was ist denn mit den Sportmuffeln, denen Sport generell nicht so gefällt?
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Spaß an der Bewegung bei uns Menschen sozusagen genetisch verankert ist. Für einige Menschen heißt das, dass sie ihn erst entwickeln dürfen. Ich rede da aus eigener Erfahrung: Laufen habe ich als Teenager geradezu gehasst. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wieso Menschen sich so etwas freiwillig antun. Um Bundeswehroffizier werden zu können, musste ich allerdings bestimmte Laufleistungen erbringen. Also biss ich die Zähne zusammen und trainierte. Nach etwa vier Wochen passierte etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte: Ich begann, das Laufen zu lieben. Das war vor fast 20 Jahren. Und seitdem laufe ich. Deswegen empfehle ich jedem, der eine neue Sportart ausprobiert: Bleib ein paar Wochen dran, bevor du dein Urteil fällst. Du wärest nicht der erste, dem es auf einmal Spaß bringt.

Der wichtigste Aspekt daran ist, dass du eine Bewegungs-Gewohnheit entwickelst. Wer über drei Monate dreimal pro Woche zum Training geht, wird im Normalfall auch danach regelmäßig hingehen. Es ist dann wie Zähneputzen. Du tust es einfach, ohne darüber nachzudenken.

Im Podcast erklärst du, dass man diese Gewohnheiten wie auf „Autopilot“ fährt...
Jeder von uns kennt ja das Gefühl: Das, was wir aus Gewohnheit tun, fällt uns leicht. Lass uns ruhig beim Zähneputz-Beispiel bleiben: Den meisten von uns wird es schwerer fallen, sich morgens NICHT die Zähne zu putzen, als es einfach zu machen. Und das liegt nicht daran, dass wir alle leidenschaftliche Zahnreiniger sind. Wir tun's einfach, weil wir es immer tun. Und zwar, ohne darüber nachzudenken. Das liegt daran, dass unser Gehirn weniger Energie aufwenden muss, einer Gewohnheit nachzugehen. Diesen Autopilotmodus kennt jeder von uns, der jeden Tag den gleichen Weg zur Arbeit fährt. Du fährst den Weg fast wie in Trance und denkst dabei an den bevorstehenden Urlaub oder was du noch einkaufen musst. Aber nicht daran, wann du den Blinker setzen oder aufs Gaspedal treten musst. Genau das können wir uns zunutze machen mit Gewohnheiten, die uns unserem sportlichen Ziel näher bringen. Der Autopilot funktioniert auch dann wie ein Navi. Doch dafür musst du im ersten Schritt wissen, wo du genau hinwillst. Was also das Ziel ist. Und da sind wir wieder beim Thema mentales Training.

Welche sind denn deine Lieblings-Fitnesstrecken in Schleswig-Holstein und Hamburg?
In Kiel gibt es eine Strecke, die für mich zu den schönsten in Deutschland überhaupt gehört. Ich bin in der Nähe der Schwentine-Mündung aufgewachsen. Ich entdeckte die Runde, als ich mit dem Laufen anfing. Sie ist etwa zehn Kilometer lang, beginnt in Wellingdorf und verläuft am Schwentinenufer entlang in Richtung Klausdorf. An der Oppendorfer Mühle geht’s über die Brücke aufs andere Flussufer. Dort läufst Du den Schwentine-Wanderweg wieder zurück in Richtung Kiel. Die Idylle des Naturschutzgebietes gefällt mir dabei besonders gut. Außerdem ist die Strecke ungewöhnlich abwechslungsreich. Während meiner Bundeswehrzeit bin ich oft die Runde um den Eutiner See gelaufen, die auch ausgesprochen schön und – wenn ich mich richtig erinnere – etwa acht Kilometer lang ist. Dann in Kiel noch das Vieburger Gehölz, dort kann man kreuz und quer laufen. In Hamburg laufe ich um die Alster. Was aber auch sehr schön ist, sind die Harburger Berge.