Kommentar Das ständige Gerede von der Fahrradstadt nervt!

Von Soenke Schierer | 01.06.2017, 11:32 Uhr

Redakteur Soenke Schierer ist die ständigen Lobgesänge auf die Fahrradstadt Hamburg mehr als Leid.

Hamburgs dauerndes Eigenlob beim Thema Fahrrad nervt! Ich lebe in Hamburg und nutze möglichst oft das Rad. Selten ohne Gefahren. Kein Wunder. Radwege mitten auf Hauptstraßen, höchstens gekennzeichnet durch weiße Linien. Keine farbliche Abgrenzung. Kein Sicherheitsabstand. Ein Prinzip, von dem sich echte Fahrradstädte wie Kopenhagen aus Sicherheitsgründen längst verabschiedet haben. Und wo man nicht zwischen Blechlawinen fährt, sind Radwege oft irrwitzig schmal, enden im Nichts oder führen im Slalom um Baumwurzeln, unmittelbar entlang an Autoparkstreifen. Ob der des Lobes so volle Herr Tjarks schon mal gegen eine Autotür geknallt ist, die sich kurz vor einem öffnet, obwohl man auf dem Radweg fährt? Ich schon.

Das Stadtrad und einzelne Prestige-Projekte in meist teuren und touristischen Ecken, machen eben längst keine Fahrradstadt. Wer einfach mal durch Hamm oder Wandsbek fährt, merkt das schnell.

Es braucht eine Infrastruktur, die das Rad zum Nr.1-Verkehrsmittel für die Masse macht. Klar vom Autoverkehr getrennte Radstraßen. Breite Radwege zum sicheren Überholen. Bevorzugte Behandlung von Radfahrern an Ampeln und Kreuzungen, glatt asphaltierte und damit sichere Wege.

Militante Autofahrer werden toben. Und Teuer ist das auch. Das ist mir schon klar. Aber Hamburg muss sich endlich entscheiden: Soll der Verkehr entlastet, die Luft gereinigt und die Lebensqualität in der Stadt verbessert werden, oder will man sich weiter mit verhältnismäßig wenigen Kilometern schickem Radweg − die eher Kosmetik sind, als die dringend notwendige Basisarbeit − lächerlich machen, wenn man sich andauernd selbst als Fahrradstadt bezeichnet.

Ach, und Herr Tjarks – gern zeige ich Ihnen mal, wovon ich rede. Schauen Sie doch einfach mal mit dem Rad in Hamm vorbei.

TEASER-FOTO: dpa