Der Untersuchungsausschuss um die Ermittlungen gegen die Rocker im Jahr 2010 hat bereits 2,2 Millionen Euro gekostet. Kommt der Abschlussbericht schon zur Sommerpause?
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Rocker-Affäre hat Schleswig-Holstein bislang knapp 2,2 Millionen Euro gekostet. Das hat eine Anfrage der CDU-Fraktion an die Landtagsverwaltung ergeben. Die taxierte auch gleich die künftigen Kosten: Demnach werden für jedes weitere Jahr mindestens 1,08 Millionen Euro fällig.
Weiterlesen: Zehn Jahre Rocker-Affäre als Chronologie
„Die Höhe der Ausgaben hat mich überrascht, sie sollte auch fraktionsübergreifend nachdenklich machen“, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Lehnert shz.de am Mittwoch. In der Union gebe bereits seit einiger Zeit Abgeordnete, die eine Beendigung des Ausschusses wünschten – die nun vorliegenden Zahlen dürften sie bestärken, ist Lehnert überzeugt, weshalb er auch gleich einen Zeitplan vorschlägt:
Lehnert ist sicher, dass viele der Punkte, die zur Einsetzung des Ausschusses geführt hätten, abgearbeitet seien. „Es ist klar geworden, dass es keine politische Einflussnahme auf die polizeiliche Arbeit gab, und was die Führung und Kontrolle von V-Leuten angeht, ist der Handlungsbedarf erkannt, da braucht es keinen Ausschuss mehr.“
Der Ausschuss kostet die Bürger schon jetzt viel Geld
Aufgeschlüsselt ergeben sich bei den Kosten bislang folgende Positionen: Personal- und Sachkosten für Leistungen, die nicht durch Personal und Ausstattung der Landtagsverwaltung aufgefangen werden konnten: 317.000 Euro. Übrige Personal- und Sachkosten: 98.000 Euro. Sicherheitsdienst: 33.000 Euro. Fraktionsmittel für den Untersuchungsausschuss: 1,6 Millionen Euro.
Lehnert betont, dass die abgefragten Summen allein die Landtagsverwaltung beträfen. Hinzu kämen weitere Kosten, die im Innen- und Justizministerium entstanden seien und noch entstehen werden. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir zwischen dem Aufwand und dem Nutzen der weiteren Arbeit abwägen müssen. Mir erschließt sich nicht, was für neue Erkenntnisse es noch geben könnte, die den Bürger jährlich weit über eine Million Euro kosten sollen. Da sollten wir uns dem Steuerzahler gegenüber ehrlich machen.“
Gab es Bedarf eines Ausschusses?
Der FDP-Innenexperte Jan Marcus Rossa hatte jüngst den Verdacht geäußert, die Landespolitik habe sich von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) instrumentalisieren lassen, die eigentlich abgeschlossene Sachverhalte mit internen Informationen wieder aufs Tablett gebracht habe – weshalb die Frage im Raum stünde, ob die Vorgänge wirklich alle eines Untersuchungsausschusses bedurft hätten.
Lehnert sagte dazu: „Medienberichterstattung führt immer zu politischen Reaktionen, das negiere ich nicht.“ Aber es bringe nichts, zurückzuschauen. „Über die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses waren sich alle Fraktionen einig, nur darf er jetzt nicht zum Selbstzweck werden.“ Man sollte nun gemeinsam beraten, welche Erkenntnisse noch zu erwarten seien und welche Punkte nicht zwingend im PUA aufgearbeitet werden müssten. „Wir müssen uns jetzt mit den anderen Fraktionen abstimmen: Wo können wir verkürzen, wo offene Punkte vielleicht in den Innen- und Rechtsausschuss verlagern.“
Teilen andere Fraktionen diese Sichtweise?
„Absolut nicht“, sagte Burkhard Peters (Grüne) schmallippig. Kai Dolgner (SPD) ist überzeugt, bei dem Vorstoß „handelt sich offenbar um eine Einzelmeinung des Kollegen Lehnert“. Und Jan Marcus Rossa (FDP) erklärte: „Eine Beendigung des Untersuchungsausschusses käme zurzeit sicherlich zu früh. Aber viele Fragen, mit denen wir uns noch nicht befasst haben, lassen sich meines Erachtens auch außerhalb eines Untersuchungsausschusses abarbeiten.“
Lars Harms (SSW) spricht sich hingegen klar für ein Ende zur Sommerpause aus, er sagte: „Die bisherigen Untersuchungen des PUA haben zu keinen konkrete Erkenntnisse über Fehlverhalten von Regierungsmitgliedern geführt. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass dies in Zukunft anders sein wird. Andere Bereiche, wie etwa der Mobbing-Komplex, sind bereits ausreichend ausgeleuchtet.“
Kennen Sie schon den Podcast „Rockerkrieg im Norden“? Jetzt anhören:
Letzte Überarbeitung am 07. September 2022.