Die Wirtschaftswoche titelt vor wenigen Tagen zu Primark: „Der Anfang vom Ende“, der Textildiscounter schließe weitere Filialen. Dabei hat Primark vor kurzem noch starke Umsätze verzeichnen können. Warum der plötzliche Wandel?
In diesem Artikel erfährst Du:
- Warum Primark in der Kritik steht.
- Was der Grund für die Schließung sein könnte.
- Ob das für einen Wandel in der Fast Fashion Industrie spricht.
Zu Beginn dieses Textes ein Witz: Geht ein Verkäufer auf die Homepage von Primark und liest „Dein Style, noch nachhaltiger.“ Witz Ende. Keiner hat gelacht.
Der Discounter steht weder für faire Arbeitsbedingungen, noch für Nachhaltigkeit. Das Unternehmen gerät regelmäßig wegen Negativschlagzeilen in Verruf. So heißt es unter anderem: „Primark-Kunden finden eingenähte Hilferufe in Kleidung“, „Hilferufen in Primark-Etiketten: Eine PR-Kampagne?“ oder „Neuer Primark Skandal, Verkauf von Schimmelkleidern“.
Hier siehst Du einen Post von Primark, der auf den Vorwurf des eingenähten Hilferufs reagiert:
Dass Primark trotzdem mit Nachhaltigkeit wirbt, ist ein Beispiel für Greenwashing: Gemeint ist der Versuch, besonders umweltfreundlich zu wirken, es aber gar nicht zu sein.
Menschen, die bei Primark einkaufen, sollten dafür nicht verurteilt werden. Es gibt eine Gruppe in unserer Gesellschaft, die es sich nun mal nicht leisten kann, zu sparen. Secondhandläden gelten zwar als Alternative, sind oft nachhaltiger, aber nicht immer günstiger. In diesem Artikel möchten wir daher nicht mir erhobenem Zeigefinger „Du darfst da nicht einkaufen!“ schreiben. Zumal Primark nicht das einzige Geschäft ist, das Fast Fashion betreibt.
Fast Fashion bedeutet wörtlich übersetzt schnelle Mode. Es beschreibt ein Geschäftsmodell in der Bekleidungsindustrie, das darauf abzielt, möglich schnell und billig Wahre zu produzieren und zu verkaufen. Bei Fast Fashion gilt Quantität vor Qualität, den Leuten ist eher der Konsum wichtig, nicht die Herstellung.
Nur noch wenige Primark-Filialen in Deutschland
Primark gibt es seit 2009 in Deutschland. Die britische Modekette erlebte zu Beginn einen Hype. Auch in den vergangenen Jahren sah es für das Unternehmen nicht schlecht aus. Niederbayern.de schreibt, dass der Umsatz des Konzerns sich zwischen 2012 und 2016 verdoppelt hätte und im Jahr 2020 sogar 32 neue Filialen eröffnet wurden.
Nun scheint der Hype ein Ende zu nehmen: Die Wirtschaftswoche berichtete bereits Anfang des Jahres, dass die ersten Primark Filialen in Deutschland schließen müssten. Zudem verkündet der Mutterkonzern von Primark, ABF, weitere Läden dichtzumachen. Was ist der Grund für den plötzlichen Absturz?
Nachhaltigkeit in der Mode: Verbessert sich die Fashion-Industrie?
In den vergangenen Jahren scheint der allgemeine Kauftrend sich in Richtung Nachhaltigkeit und Qualität zu entwickeln. Bei einer Umfrage im Jahr 2021 von Statista wurden Konsumenten nach den wichtigsten Kriterien beim Kauf von Kleidung befragt. Knapp 66 Prozent gaben an, dass ihnen fair hergestellte Kleidung besonders wichtig sei. Primark steht symbolisch wohl für das Gegenteil.
Hat der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit dem Billigdiscounter seinen finanziellen Aufstieg verdorben? Eher nein. Fast Fashion bommt nach wie vor. Mit oder ohne Primark.
Auf TikTok kursierte eine Zeit lang der Trend, bei Shein Produkten ebenfalls nach eingenähten Hilferufen zu suchen:
Das Ende von Primark, kein Ende von Fast Fashion
Laut Statista liegt beispielsweise die Markenbekanntheit von Shein bei 58 Prozent. Shein ist das Online-Pendant zu Primark: günstige Klamotten, zu Bedingungen, die von der Allgemeinheit eher kritisch betrachtet werden. Das Unternehmen macht aber etwas, dass Primark bisher verpasst hat: auf Online-Shopping und Werbung bei Social Media zu setzen. Wer Primark-Klamotten haben will, kann diese nur vor Ort kaufen.
Online-Shopping wird immer beliebter, nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie. Das Statistische Bundesamt berichtet, dass in der EU im Jahr 2021 knapp 74 Prozent der Internetnutzer in den vergangenen 12 Monaten online eingekauft haben. Deutschland lag mit 82 Prozent im EU-Ranking sogar auf Platz Sieben.
Den höchsten Anteil an Online-Käufern gab es laut dem Statistischen Bundesamt mit 91 Prozent in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen, gefolgt von den 16- bis 24-Jährigen mit 87 Prozent. So sind es vor allem die jungen Menschen, die online shoppen. Genau die Zielgruppe, die Primark ansprechen möchte – die nun aber fehlen.